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Wie gelingt die wirksame Vereinbarung über die Rückzahlung von Fortbildungskosten?

16. Februar 2023

Wie gelingt die wirksame Vereinbarung über die Rückzahlung von Fortbildungskosten?

Wenn der Arbeitgeber sich finanziell an der Fortbildung seiner Mitarbeiter beteiligt, so ist es üblich, dass sog. Aus- und Fortbildungsvereinbarungen geschlossen werden. Der Arbeitgeber übernimmt die Fortbildungskosten (oder einen Teil davon) und stellt den Mitarbeiter für die Teilnahme an Lehrgang und einer etwaigen Prüfung bezahlt von der Arbeit frei; im Gegenzug verpflichtet sich der Arbeitnehmer zur Rückzahlung der Weiterbildungskosten, wenn er innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach deren Abschluss aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet oder die Fortbildung nicht erfolgreich absolviert. Bei der Gestaltung solcher Vereinbarungen ist besondere Vorsicht geboten, denn nicht selten genügen sie den Anforderungen der §§ 305 ff. BGB (AGB-Kontrolle) nicht. Die Folge: Der Arbeitgeber riskiert, auf den Kosten der Weiterbildung sitzen zu bleiben.  

I. Welche Anforderungen sind grundsätzlich an eine Rückzahlungsvereinbarung für Fortbildungskosten zu stellen?

Eine Rückzahlungspflicht im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommt von vorneherein nur dann in Betracht, wenn die Fortbildung dem Mitarbeiter einen auf dem Arbeitsmarkt verwertbaren Vorteil bringt. Für Fortbildungen, die allein im Arbeitgeberinteresse erfolgen oder Spezialkenntnisse vermitteln, die in einem anderen Unternehmen nicht verwertet werden können, kann keine Rückzahlungspflicht vereinbart werden.

II. Welche Anforderungen gelten konkret?

1. Bezeichnung der Fort- oder Weiterbildungsmaßnahme

Die Fort- oder Weiterbildungsmaßnahme muss genau bezeichnet werden. Das bedeutet: Die Bezeichnung der Veranstaltung, der Name des Veranstalters, der genaue Zeitraum und – falls einschlägig – die angestrebte Qualifikation sollten sich in der Vereinbarung wiederfinden.

2. Entstehende Kosten und Übernahmeanteil des Arbeitgebers

Die zu erwartenden Kosten müssen konkret und transparent aufgeschlüsselt und jeweils mit dem voraussichtlich anfallenden Betrag so genau wie möglich beziffert werden. Die pauschale Angabe eines voraussichtlich anfallenden Gesamtbetrags genügt in der Regel nicht.

Hier steckt der Teufel im Detail: Werden neben den reinen Kursgebühren auch Fahrt- und Übernachtungskosten übernommen, muss geregelt werden, ob sie im Fall der Fälle zu erstatten sind. Sollte der Arbeitnehmer für die Dauer der Fortbildungsmaßnahme bezahlt freigestellt werden, so können die Kosten der Freistellung ebenfalls der Rückzahlungsvereinbarung unterworfen werden. In der Vereinbarung müssen sich dann aber Angaben zur Höhe des zu erstattenden Gehalts (nur Nettobeträge? Berücksichtigung von Lohnsteuer/Sozialversicherungsbeiträgen?) finden.

3. Rückzahlungsbedingungen

Die Rückzahlungsbedingungen lassen sich wohl regelmäßig als der neuralgische Punkt von Rückzahlungsvereinbarungen benennen.

Maßgeblich sind die folgenden Punkte:

a) Bindungsdauer

Überwiegend maßgeblich für die zulässige Bindungsdauer ist die Dauer der Fortbildung (bei bezahlter Freistellung). In der Rechtsprechung haben sich die folgenden Anhaltspunkte entwickelt:

Dauer der Fortbildung (unter bezahlter Freistellung) Zulässige Bindungsdauer
bis 1 Monat Max. 6 Monate
2 Monate Max. 12 Monate
3-4 Monate Max. 24 Monate
6-12 Monate Max. 36 Monate
In jedem Fall Max. 60 Monate / 5 Jahre

Allerdings führen diese Parameter in der Praxis selten zu handhabbaren Ergebnissen. Die Freistellung für den Besuch von Veranstaltungen erfolgt häufig nur tageweise und es wird erwartet, dass der Mitarbeiter auch freie Tage und Wochenenden einbringt. Zum Teil erfolgt auch gar keine Freistellung und gleichzeitig wendet der Arbeitgeber erhebliche Kosten auf. Neben der Dauer der bezahlten Freistellung spielen deshalb auch

  • die Höhe der aufgewandten Kosten,
  • deren Verhältnis zum Gehalt und zur Größe/wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Arbeitgebers,
  • die dem Arbeitnehmer erwachsenden Vorteile und
  • die Qualität der Qualifikation

eine Rolle. Diese Einzelfallumstände können ein Abweichen von den o.g. Faustregeln rechtfertigen. Eine außergewöhnlich teure Fortbildung kann dann auch eine längere Bindung rechtfertigen, als sie sich allein aus der Freistellungsdauer ergeben würde.

b) Anteilige Kürzung nach teilweise zurückgelegter Bindung

Die Rückzahlungsverpflichtung muss sich für jedes Jahr/jeden Monat der Betriebszugehörigkeit während der Bindungsdauer anteilig mindern. Dies muss auch ausdrücklich in der Vereinbarung geregelt werden.

c) Beendigungstatbestände

In der Rückzahlungsvereinbarung sind klar und verständlich die Beendigungstatbestände aufzuführen, die die Rückzahlungspflicht auslösen. Dabei muss darauf geachtet werden, dass Umstände, die der Mitarbeiter nicht in der Hand hat, nicht dazu führen dürfen, dass die Rückzahlungspflicht ausgelöst wird. Klar ist deshalb: Eine betriebsbedingte Kündigung des Arbeitgebers oder eine Eigenkündigung des Arbeitnehmers, die der Arbeitgeber durch vertragswidriges Verhalten verursacht hat, darf nicht zur Rückzahlungspflicht führen.

In älteren Rückzahlungsvereinbarungen wurde häufig formuliert, dass die Rückzahlungspflicht durch eine verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitgebers oder eine Eigenkündigung des Arbeitnehmers begründet wird, die aus keinem vom Arbeitgeber zu vertretenen Grund erfolgt. Formulierungen dieser Art werden von den Arbeitsgerichten spätestens seit einem jüngeren Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urt. v. 1.3.2022 – 9 AZR 260/21) nun regelmäßig kassiert. Das BAG nimmt an, dass bei einer solchen Formulierung die Fälle, bei denen die Kündigung weder der Sphäre des Arbeitgebers noch der Sphäre des Arbeitnehmers entspringt, wie z.B. im Falle einer dauerhaften, unverschuldeten Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers unzulässigerweise zu einer Rückzahlungspflicht führen würden. Mit anderen Worten: Das Risiko, dass der Arbeitnehmer während oder nach der Fortbildung dauerhaft leistungsunfähig wird, soll dem Betriebsrisiko des Arbeitgebers zuzurechnen sein. Auch wenn die Einzelfragen noch ungeklärt sind (Was heißt „dauerhafte Leistungsunfähigkeit“ in diesem Kontext? Genügt eine längere Arbeitsunfähigkeit oder ist eine teilweise/volle Erwerbsminderung nachzuweisen? usw.) ist eines klar: Künftig muss in Rückzahlungsvereinbarungen ausdrücklich der Fall ausgeklammert werden, dass der Arbeitnehmer selbst kündigt, weil er dauerhaft nicht in der Lage ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen.

d) Was ist, wenn der Arbeitnehmer während der Fortbildungsmaßnahme ausscheidet?

Eine Klausel, die die Rückzahlungspflicht im Rahmen einer Fort-, Aus- oder Weiterbildung daran knüpft, dass der Arbeitnehmer während der Fortbildungsmaßnahme aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, war noch nicht Gegenstand höchstrichterlicher Prüfung. Die grundsätzliche Rechtsfrage, ob eine derartige Verpflichtung in einer Rückzahlungsverpflichtung zulässig ist, ist Gegenstand eines aktuell beim BAG anhängigen Revisionsverfahrens. In dem Fall war die Arbeitnehmerin auf eigenen Wunsch während der vom Arbeitgeber finanzierten Fortbildungsmaßnahme aus dem Unternehmen ausgeschieden. Der Arbeitgeber fordert nun die Rückzahlung der bis dahin angefallenen (konkret aufgeschlüsselten) Fortbildungskosten. Sowohl das Arbeitsgericht in der ersten Instanz als auch das Landesarbeitsgericht in der zweiten Instanz gaben dem Arbeitgeber recht und verpflichteten die Mitarbeiterin zur Rückzahlung (LAG Niedersachsen, Urteil vom 12.10.2022 – 8 Sa 123/22; ArbG Verden 21.12.2021 – 2 Ca 290/21).

Fazit

Die Länge unseres Beitrags deutet es schon an: Die Gestaltung wirksamer Rückzahlungsklauseln ist komplex und die Wirksamkeitsanforderungen werden von der Rechtsprechung laufend weiterentwickelt – in der Regel ohne jeden Vertrauensschutz. Arbeitgeber, die sich nicht damit abfinden möchten, dass teuer geförderte Mitarbeiter „ungestraft“ vor Ablauf der Bindungsfrist zum nächsten Arbeitgeber weiterziehen, müssen  diese Entwicklung zwingend im Auge behalten und ihre Muster laufend anpassen (lassen).

Rechtsanwalt, Fachanwältin Inga Leopold und stud. iur. Maike Usadel