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Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ab 01.01.2023

11. November 2022

Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ab 01.01.2023

Nach einigen zeitlichen Verzögerungen wird die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am 01.01.2023 aus der Pilotphase entlassen. Arbeitnehmende werden künftig ihre Arbeitsunfähigkeit nach wie vor zu den gleichen vertraglich oder gesetzlich bestimmten Zeiten bei einem Kassenarzt feststellen lassen, jedoch entfällt für gesetzlich Versicherte die Vorlagepflicht gegenüber dem Arbeitgeber.

Hintergrund

Nach mehrmaligem Verschieben des Startdatums sieht nun alles danach aus, dass es ab dem 01.01.2023 tatsächlich soweit ist: Der neue § 5 Abs. 1a Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) zur elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung tritt in Kraft. Dieser bestimmt abweichend von der alten Rechtslage – nach der Arbeitnehmende verpflichtet waren, dem Arbeitgeber bei einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als 3 Kalendertagen die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen (Nachweispflicht) – dass eben diese Verpflichtung der Arbeitnehmenden entfällt. Sie bleiben verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen (Meldepflicht). Der Arbeitgeber muss die vom Arzt an die Krankenkasse übermittelten Daten zur Arbeitsunfähigkeit dann elektronisch abrufen.

Wie genau läuft die Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung künftig ab?

1. Arbeitnehmer unterrichtet den Arbeitgeber über die Arbeitsunfähigkeit

Arbeitnehmende informieren den Arbeitgeber wie gehabt unverzüglich darüber, dass sie aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeiten kommen können. An dieser Stelle müssen nun die internen Prozesse umgestellt werden: Statt darauf zu warten, dass der Mitarbeitende danach rechtzeitig eine Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit einreicht, muss die Bescheinigung vom Arbeitgeber selbst zu gegebener Zeit abgerufen werden.

2. Arzt übermittelt Daten an Krankenkasse

Der Arbeitnehmende muss sich nach wie vor rechtzeitig – d.h. nach Gesetz spätestens am 4. Tag der Erkrankung; ggf. auch früher – zum Arzt begeben. Nach Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch den Arzt übermittelt dieser die notwendigen Daten (s.u.) elektronisch an die zuständige Krankenkasse. Vertragsärzte sind zu diesem Verfahren grds. schon seit dem 01.01.2022 verpflichtet, wenn die technischen Voraussetzungen dafür in ihren Praxen gegeben sind.

3. Der Arbeitgeber ruft die Daten ab

Folgende Daten werden dem Arbeitgeber von der zuständigen Krankenkasse des erkrankten Arbeitnehmenden zur Verfügung gestellt:

  • Name des/der Beschäftigten,
  • Beginn und Ende der Arbeitsunfähigkeit,
  • Datum der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit,
  • Kennzeichnung als Erst- oder Folgemeldung und
  • Angabe, ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Arbeitsunfähigkeit auf einem Arbeitsunfall oder sonstigen Unfall oder auf den Folgen eines Arbeitsunfalls oder sonstigen Unfalls beruht.

Sollten die technischen Voraussetzungen zum Abruf der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bereits vor dem 01.01.2023 in Unternehmen gegeben sein, können Arbeitgeber das Verfahren auch schon früher nutzen. Möglich ist auch eine Veranlassung Dritter zum Abruf der Meldung bei der Krankenkasse, z.B. durch ein Lohnbüro oder den Steuerberater. Voraussetzung ist immer eine gesicherte und verschlüsselte Datenübertragung.

Welche Arbeitnehmer betrifft die elektronische AU?

Der neue § 5 Abs. 1a EFZG gilt nur für gesetzlich versicherte Arbeitnehmende. Das EFZG sieht darüber hinaus weitere Ausnahmen vor. Das oben beschriebene Verfahren gilt also nicht für:

  • privat krankenversicherte Arbeitnehmer,
  • geringfügig Beschäftigte in Privathaushalten oder
  • gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer, deren Arbeitsunfähigkeit durch einen Arzt festgestellt wurde, der nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt.

Diese Arbeitnehmenden müssen also weiterhin ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform an den Arbeitgeber übermitteln. Etwaige Änderungen des Versicherungsstatus während des Arbeitsverhältnisses müssen also berücksichtigt werden.

Wichtig: Minijobber sind von dem Verfahren nicht ausgenommen. Bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen haben Arbeitgeber üblicherweise bislang keine Angaben zur Krankenkasse des Arbeitnehmenden eingeholt, da die Abwicklung über die Minijob-Zentrale erfolgte. Zukünftig sollten Arbeitgeber jedoch auch Minijobber bei der Einstellung zu ihrem Versicherungsstatus und der zuständigen Krankenkasse befragen.

Was müssen Arbeitgeber tun?

Zunächst sollten Arbeitgeber ihre Arbeitnehmenden in betriebsüblicher Weise rechtzeitig über die Neuerungen informieren. Neue Arbeitsverträge ab dem 01.01.2023 sollten die Regelung in § 5 Abs. 1a EFZG berücksichtigen. Häufig geben Arbeitsverträge die im EfzG geregelten Melde- und Nachweispflichten – teils in leicht abgewandelter Form – wieder. Die neue Rechtslage wird etwaige anderslautende vertragliche Vereinbarungen überlagern, so dass es zur Vermeidung von Missverständnissen sinnvoll sein dürfte, auch Altverträge bei nächster Gelegenheit an die neue Rechtslage anzupassen.

Weiterhin müssen Arbeitgeber sich über die technische Umsetzung und die notwendige Schaffung von IT-Schnittstellen zwischen ihnen und den Krankenkassen informieren, sodass am 01.01.2023 ein funktionsfähiges System vorliegt. Um am eAU-Verfahren teilzunehmen, brauchen Arbeitgeber oder ihre Steuerberater ein systemgeprüftes Entgeltabrechnungsprogramm, eine elektronisch gestützte systemgeprüfte Ausfüllhilfe oder ein systemuntersuchtes Zeiterfassungssystem. Die Datenübertragung erfolgt über den Kommunikationsserver der gesetzlichen Krankenversicherung nach vorheriger Anforderung für den einzelnen Arbeitnehmer.

Wichtig zu wissen ist, dass Ärzte die Daten gegebenenfalls erst am Abend gesammelt an die Krankenkassen übermitteln. Eine elektronische Abfrage unmittelbar am Morgen des Tages, an dem die Nachweispflicht greift, könnte deshalb ins Leere gehen. Bei verfrühten Anfragen wird das Kennzeichen „4“ zurückgemeldet: „eAU/Krankenhausmeldung liegt nicht vor“.

Wichtig: Für Arbeitgeber ist das Abrufen der elektronischen AU-Bescheinigung ab dem 01.01.2023 verpflichtend.

Rechtsanwältin Inga Leopold und stud. iur. Maike Usadel