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Befristete Beschäftigung über die Regelaltersgrenze hinaus: So geht’s

18. März 2019

In Zeiten von Fachkräftemangel und einer Verschiebung der Alterspyramide in Richtung rentennaher Jahrgänge taucht in vielen Unternehmen regelmäßig das folgende Thema auf: Ein Mitarbeiter wird bald die Regelaltersgrenze (65 Jahre + x Monate, je nach Geburtsjahr) erreichen. Eigentlich braucht man seine/ihre Expertise noch, ein Nachfolger ist nicht in Sicht und/oder noch nicht ausreichend eingearbeitet. Da trifft es sich gut, dass auch der „Bald-Rentner“ noch nicht ans Aufhören denkt und sich gut vorstellen könnte, weiter zu arbeiten. Welche Punkte sind dabei zu beachten?

Ratsam: Befristete Verlängerung

Grundsätzlich ist es ohne Weiteres möglich, den Arbeitsvertrag einfach (unbefristet) fortzuführen. In der Praxis besteht (jedenfalls auf Unternehmensseite) aber regelmäßig der Wunsch, die Beschäftigung über die Regelaltersgrenze hinaus nur befristet fortzusetzen. Das ist auch ratsam, denn in der Regel möchte man die Zusammenarbeit nicht bis in alle Ewigkeit weiterführen und eine einseitige Trennung wäre später unter, u.a. wegen der Berücksichtigung der häufig sehr langen Betriebszugehörigkeit nur mit erheblichem (finanziellen) Aufwand möglich. Soll es also ein befristeter Anschlussvertrag sein, gibt es zwei Möglichkeiten:

1. Befristeter Arbeitsvertrag mit Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG

Da der Mitarbeiter ja bereits im Unternehmen beschäftigt ist, kommt eine sachgrundlose Befristung nicht in Betracht. Gibt es aber einen Sachgrund für die zeitlich befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, kann man aber durchaus einen sachgrundbefristeten Arbeitsvertrag in Betracht ziehen. Die Anwendungsbereiche für eine wirksame Sachgrundbefristung sind aber in diesem Kontext recht eng. In Betracht kommt z.B.

  • ein (echter) Vertretungsbedarf, d.h. der Bald-Rentner soll einen vorübergehend ausfallenden Mitarbeiter bis zu dessen Rückkehr ersetzen.
  • die Einarbeitung eines Nachfolgers; die Befristungsdauer darf allerdings nicht über den Zeitraum hinausgehen, der vernünftigerweise für die Einarbeitung tatsächlich benötigt wird.

2. Hinausschieben des Endzeitpunkts nach § 41 S. 3 SGB VI

Insbesondere wenn die Umstände eine Sachgrundbefristung nicht ermöglichen, z.B. weil ganz ohne Vertretungs- oder Einarbeitungsbedarf eine befristete Beschäftigung des Neu-Rentners stattfinden soll, ist § 41 S. 3 SGB VI ein elegantes Instrument. Der relevante Satz dieses Gesetzes lautet:

Sieht eine Vereinbarung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze vor, können die Arbeitsvertragsparteien durch Vereinbarung während des Arbeitsverhältnisses den Beendigungszeitpunkt, gegebenenfalls auch mehrfach, hinausschieben.

(§ 41 S. 3 SGB VI)

Was heißt das genau?

Enthält der Arbeitsvertrag des in Frage kommenden Mitarbeiters eine Klausel, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen der Regelrentengrenze (bzw. des 65. oder des 67. Lebensjahres) vorsieht, kann mit dem Mitarbeiter vereinbart werden, dass dieser Endzeitpunkt nach hinten verschoben wird. Auf diese Weise kann das Arbeitsverhältnis befristet z.B. noch zwei Jahre nach Erreichen des Regelrentenalters fortgeführt werden. Auch die Vereinbarung einer Verlängerung ist möglich.

Enorm wichtig

Wie bei allen befristeten Verträgen muss das Hinausschieben über die Regelaltersgrenze hinaus genauso wie eine spätere Verlängerung unbedingt vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses schriftlich vereinbart werden. Das bedeutet in diesen Fällen, dass die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses unbedingt vor Erreichen der Regelaltersgrenze bzw. vor Ablauf der vereinbarten Verlängerung schriftlich fixiert (von beiden Vertragspartnern im Original unterschrieben) vorliegen muss.

Gut zu wissen

Bis vor kurzem wurde gelegentlich die Vereinbarkeit des § 41 S. 3 SGB VI mit Europarecht, insbesondere unter dem Aspekt einer Altersdiskriminierung, angezweifelt. Diese Zweifel sind durch die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 28.02.2018 (Az. C-46/17) und des Bundesarbeitsgerichts vom 19.12.2018 (Az. 7 AZR 70/17)7 ausgeräumt und die Vereinbarkeit mit Europarecht bestätigt.

Aus Gründen der Rechtssicherheit ist es ratsam, Veränderungen am Inhalt des Arbeitsverhältnisses (z.B. zum Umfang der Arbeitszeit oder Gehaltshöhe) nicht gleichzeitig mit der Verlängerung des Arbeitsverhältnisses sondern mit einem deutlichen zeitlichen Abstand zu vereinbaren.

Keine Hinzuverdienstgrenze

In der Praxis wird häufig verkannt, dass Arbeitnehmer nach Erreichen der Regelaltersgrenze unbegrenzt hinzuverdienen können. Hinzuverdienstgrenzen und eine Anrechnung von Hinzuverdienst gibt es nur bei vorzeitigen Renten, z.B. bei Renten wegen Erwerbsminderung. Gleichzeitig steht es dem Mitarbeiter frei, ob er überhaupt Rente beantragen möchte. Außerdem kann er,
wenn er nach Erreichen der Regelaltersgrenze neben dem Bezug einer Vollrente hinzuverdient, darüber entscheiden, ob er weiterhin Arbeitnehmerbeiträge in die Rentenversicherung einzahlen möchte (§ 5 Abs. 4 SGB VI), um durch den Zuverdienst seine Rentenansprüche weiter zu erhöhen.

Inga Leopold, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht


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