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Update: Das Hinweisgeberschutzgesetz wurde verabschiedet – Was ist neu?

09. Juni 2023

Update: Das Hinweisgeberschutzgesetz wurde verabschiedet –  Was ist neu?

In unserem Beitrag vom Oktober letzten Jahres haben wir über den Inhalt und die Auswirkungen des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung zum Hinweisgeberschutzgesetz berichtet, der die EU-Whistleblower-Richtlinie in nationales Recht umsetzen sollte. Diesem Entwurf hatte der Bundesrat jedoch am 10. Februar 2023 seine Zustimmung verweigert. Daraufhin wurde der Vermittlungsausschuss angerufen und im Anschluss daran beschloss der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates Anfang Mai 2023 das veränderte Gesetz. Die enthaltenen Regelungen treten überwiegend am 02. Juli 2023 in Kraft.

Was bleibt unverändert?

Keine Änderungen ergeben sich bzgl. des Anwendungsbereichs des Gesetzes.

Weiterhin gilt: Unternehmen, die mindestens 250 Personen beschäftigen, müssen ab Inkrafttreten des Gesetzes (also bereits ab dem 02. Juli 2023!) interne Meldekanäle einrichten, über die Hinweisgebende geschützt und vertraulich Meldungen einreichen können.

Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten werden dazu ab dem 17. Dezember 2023 verpflichtet.

Außerdem sieht das Gesetz nach wie vor folgende Meldegegenstände vor:

  • Straftaten
  • Verstöße, die bußgeldbewehrt sind, soweit die verletzte Vorschrift dem Schutz von Leben, Leib und Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane (z.B. Betriebsrat) dient.
  • Verstöße gegen nationale oder europäische Rechtsakte in ausdrücklich aufgelisteten Rechtsbereichen (z. B. im öffentlichen Auftragswesen oder Umweltrecht).

Welche „Beschäftigungsgeber“ konkret von den Regelungen betroffen sind, wie interne Meldestellen einzurichten sind und wie Hinweisgebende genau geschützt werden, lesen Sie in unserem Beitrag vom 10. Oktober 2022:

https://www.paulypartner.de/news/ausblick-worauf-sich-arbeitgeber-in-sachen-whistleblowing-einstellen-muessen.

Übersicht der Änderungen des nun verkündeten Gesetzes im Vergleich zum Regierungsentwurf

Aus den Beratungen des Vermittlungsausschusses ergaben sich die folgenden Änderungen des ursprünglichen Regierungsentwurfes:

  • Erfordernis eines beruflichen Kontexts
    Geschützt sind nun nur Meldungen, die sich auf den Arbeitgeber oder eine Stelle, mit der die hinweisgebende Person in beruflichem Kontakt stand oder steht, beziehen.

  • Verzicht auf anonyme Meldungen
    Es besteht keine Pflicht für Unternehmen, anonyme Meldungen zu bearbeiten und einen entsprechenden (digitalen) Meldekanal innerhalb interner oder externer Meldestellen einzurichten. Vielmehr „sollten“ anonyme Meldungen bearbeitet werden, vgl. § 16 Abs. 1 des Gesetzes. Diese Änderung vereinfacht den Unternehmen die Einrichtung der Meldestellen und schützt vor etwaigem Missbrauch durch Beschäftigte.

  • Niedrigere Bußgelder bei Verstößen und kein Ersatz immaterieller Schäden
    Eine weitere Änderung besteht darin, dass die Höhe der Bußgeldandrohung bei Verstößen gegen die Pflicht zur Einrichtung einer internen Meldestelle auf maximal 20.000 Euro gesenkt wurde. Die Bußgeldandrohung tritt erst sechs Monate nach Veröffentlichung des HinSchG in Kraft – also am 17. Dezember 2023.
    Zudem ist die Regelung zum Anspruch der Hinweisgebenden auf den Ersatz von immateriellen Schäden, die durch eine Benachteiligung im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit aufgrund der Meldung entstehen, entfallen. Die Beweislastumkehr, wonach vermutet wird, dass eine Benachteiligung eine Repressalie für eine Meldung oder Offenlegung ist, gilt darüber hinaus nur, wenn die Hinweisgebenden ausdrücklich geltend machen, dass die Benachteiligungen ursächlich auf der gemachten Meldung beruhen.

  • Bevorzugung interner Meldekanäle
    Wie auch im Gesetzesentwurf, ist in dem verabschiedeten Gesetz ein Wahlrecht der Hinweisgebenden normiert, ob sie die interne oder externe Meldestelle nutzen. Neu ist aber der Zusatz, dass in den Fällen, in denen intern wirksam gegen den Verstoß vorgegangen werden kann und die Meldenden keine Repressalien befürchten, die Meldung an eine interne Meldestelle bevorzugt werden sollte. Damit ist es Aufgabe des Arbeitgebers, das interne Meldesystem so auszugestalten, dass die Beschäftigten eine interne Meldung vorziehen. Eine echte Privilegierung des internen Meldesystems wurde dadurch nicht geschaffen.

  • Im Einzelfall längere Aufbewahrungsfristen
    Der Gesetzesentwurf hatte vorgesehen, dass die gesetzlich vorgeschriebene Dokumentation der Meldung in jedem Fall drei Jahre nach Abschluss des Verfahrens zu löschen ist. Der Vermittlungsausschuss hat die Regelungen nun ergänzt, sodass die Dokumentation auch länger aufbewahrt werden kann, sofern dies im Einzelfall erforderlich und verhältnismäßig ist.

Was müssen Arbeitgeber tun?

Beschäftigungsgeber - insbesondere Unternehmen ab 250 Beschäftigten (und Finanzinstitute unabhängig von der Mitarbeiterzahl) - müssen sich zeitnah mit der Umsetzung, also der Einrichtung der Meldestellen befassen; auch um einer möglichen Bußgeldzahlung zu entgehen. Bestehende Systeme sind entsprechend der Gesetzesvorgaben zu prüfen und bei Bedarf anzupassen. In der Regel ist der Betriebsrat zu beteiligen – jedenfalls in Form einer Unterrichtung nach § 80 Abs. 2 BetrVG; je nach gewünschter Ausgestaltung aber häufig auch nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 (Ordnung im Betrieb) und/oder Nr. 6 BetrVG (technische Überwachungseinrichtungen).

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht Inga Leopold und stud. iur. Maike Usadel

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