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Nun doch: Testangebotspflicht für Unternehmen ab dem 20. April 2021

16. April 2021

Über eine Ergänzung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung werden Unternehmen ab Dienstag, den 20. April 2021, verpflichtet, mindestens einmal pro Woche einen Corona-Test (Antigen-Schnelltest zur professionellen oder Selbstanwendung oder PCR-Test) für alle Beschäftigten anzubieten, die nicht ausschließlich im Homeoffice arbeiten.

Besonders gefährdete Arbeitnehmer, die tätigkeitsbedingt häufige Kundenkontakte haben oder körpernahe Dienstleistungen ausführen und auch Beschäftigte, die vom Arbeitgeber in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden, müssen vom Arbeitgeber 2-mal pro Woche ein Testangebot erhalten. Gleiches gilt für Beschäftigte, die unter klimatischen Bedingungen in geschlossenen Räumen arbeiten, die eine Übertragung des Coronavirus begünstigen.

Doch was bedeutet die Testangebotspflicht genau für Arbeitgeber? Wie sollte die neue Pflicht umgesetzt werden?

Die wichtigsten Fakten:

– Pflicht zum Angebot von Tests, grds. 1x/Woche; für besonders gefährdete Beschäftigte 2x/Woche

– Liste der zugelassenen Schnell- oder Selbsttestshttps://www.bfarm.de/DE/Medizinprodukte/Antigentests/_node.html.

– Testangebotspflicht gilt ab dem 20.04.2021

– … und voraussichtlich bis 30.06.2021

Darf der Arbeitgeber die Durchführung der Tests vor Betreten des Betriebs anordnen?

Grundsätzlich gibt es in den meisten Bundesländern keine Testpflicht für Arbeitnehmer, das Testangebot ist für die Mitarbeiter freiwillig. Viele Arbeitgeber fragen sich, ob sie die Beschäftigten dennoch verpflichten können, sich regelmäßig testen zu lassen. Auch wenn damit ein Eingriff in die Selbstbestimmung und körperliche Unversehrtheit verbunden ist, wird eine Verhältnismäßigkeitsprüfung im Einzelfall ergeben, dass es – aufgrund des zeitlichen und örtlichen Infektionsgeschehens oder der individuellen Umstände innerhalb des Unternehmens – zulässig ist, nur negativ getesteten Mitarbeitern Zutritt zum Betrieb zu gewähren. Wer sich nicht testen lassen möchte, muss dann wieder nach Hause gehen und verliert unter Umständen auch seinen Anspruch auf Gehalt für diese Zeit. In diese Richtung gehen auch erste Gerichtsentscheidungen:

Das Arbeitsgericht Offenbach (ArbG Offenbach, Urteil vom 04.02.2021 – 4 Ga 1/21) hatte einen Fall zu entscheiden, bei dem ein Arbeitnehmer gegen die Weigerung des Arbeitgebers, ihn ohne Testung (PCR-Test) das Werksgelände betreten zu lassen, klagte. Das Arbeitsgericht entschied, dass die Anordnung, vor Betreten des Betriebs einen negativen Coronatest vorzulegen, nicht offenkundig rechtswidrig ist. Der Eingriff in die körperliche Integrität des Arbeitnehmers sei nur von kurzer Dauer und niederschwelliger Intensität, so dass die  der Schutz der Belegschaft und das Interesse des Arbeitgebers an der Sicherung der Arbeitsabläufe höher zu gewichten sei. Da es sich lediglich um ein Verfahren im Eilrechtsschutz handelte, ist die Angelegenheit damit natürlich nicht abschließend geklärt. Die Tendenz dürfte aber dahin gehen, dass eine Testpflicht zulässig sein kann, wenn der Arbeitgeber gute Gründe hierfür hat.

Kann der Arbeitgeber die Arbeitnehmer auch zu einer öffentlichen Teststation schicken?

In der Verordnungsbegründung wird klargestellt, dass die durch Arbeitgeber angebotenen Tests das vorhandene Testangebot ergänzen sollen. Nicht ausreichend ist also, die Arbeitnehmer auf das ohnehin bestehende wöchentliche kostenlose Testangebot („Bürgertest“) in den öffentlichen Teststationen zu verweisen.

Arbeitgeber können aber durchaus einen Dritten mit der Testung beauftragen und ihre Testangebotspflicht dadurch erfüllen, dass die Mitarbeiter die Möglichkeit erhalten, auf Kosten des Arbeitgebers zusätzliche Tests an Teststationen in Anspruch zu nehmen.

Dürfen die Tests in der Arbeitszeit durchgeführt werden?

Die Verordnung enthält keine Regelung dazu, ob die Testung und das Warten auf das Ergebnis innerhalb der Arbeitszeit zu erfolgen hat. In der Begründung heißt es lediglich: „Die Entscheidung, ob die freiwillige Testung der Beschäftigten innerhalb der Arbeitszeit der Beschäftigten erfolgt oder nicht, wird im Rahmen betrieblicher Vereinbarungen getroffen.“ Fest steht, das mit „betrieblichen Vereinbarungen“ keine Betriebsvereinbarungen gemeint sein können, denn durch Vereinbarung mit dem Betriebsrat kann nicht definiert werden, was zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit zählt.

Aktuell scheint sich herauszukristallisieren, dass die meisten Unternehmen es freiwillig zulassen, die Tests während der Arbeitszeit durchzuführen. Zwingend ist das aber nicht: Solange die Tests rein freiwillig sind und von den Arbeitnehmern auch im eigenen Interesse gemacht, werden, zählt das Testen nicht zur Arbeitszeit.

Muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber ein positives Testergebnis mitteilen?

Zum Schutz der im Betrieb tätigen Kollegen besteht eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht, dem Arbeitgeber ein positives Testergebnis zu melden. Nur so kann im Falle einer Infektion eine Virusausbreitung und damit die Entstehung einer Infektionskette im Betrieb vermieden werden.

Arbeitnehmer mit einem positiven Testergebnis haben den Betrieb weiterhin umgehend zu verlassen und den Hausarzt aufzusuchen, um einen PCR-Test durchführen zu lassen. Arbeitgeber sollten den Arbeitnehmer anweisen, sich unverzüglich auf telefonischem oder elektronischem Weg beim zuständigen Gesundheitsamt zu melden.

Darf der Arbeitgeber ein negatives Testergebnis, z.B. zur Verwendung im Einzelhandel oder beim Friseur, bescheinigen?

Ja, zumindest in NRW ist das möglich.

Voraussetzung: Der Test wird von fachkundigem und geschultem Personal durchgeführt. Alternativ ist es ausreichend, dass eine entsprechend unterwiesene Person (ausdrücklich auch ein Beschäftigter des Unternehmens) die Testung beaufsichtigt. Arbeitgeber, die Nachweise ausstellen wollen, müssen sich einmalig registrieren. Für die Bescheinigung gibt es im Anhang zur Test- und Quarantäneverordnung eine Vorlage.

Muss der Arbeitgeber eine bestimmte Anzahl an Tests vorhalten?

Auch hierzu findet sich keine ausdrückliche Regelung in der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung. Arbeitgeber, die sich noch nicht mit Tests eingedeckt haben, werden mit Lieferengpässen konfrontiert sein und es ist ja auch offen, wie viele Mitarbeiter das Angebot tatsächlich in Anspruch nehmen werden. Sinnvoll erscheint es da, jedenfalls so viele Tests bereit zu halten, dass alle im Betrieb arbeitenden Mitarbeiter das Testangebot in den ersten 3-4 Wochen in Anspruch nehmen können und dann nach Bedarf nachzubestellen.

Was muss bei einer Kontrolle durch die Behörde nachgewiesen werden?

Nach der Verordnung müssen Nachweise über die Beschaffung von Tests oder Vereinbarungen mit Dritten über die Testung der Beschäftigten vom Arbeitgeber vier Wochen aufbewahrt werden. Es müssen weder die Tests selbst noch Testergebnisse bei einer Kontrolle vorgelegt werden.

Im Falle von Lieferengpässen soll nach Auskunft des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales der Nachweis von Bestellungen bzw. ausreichenden Bemühungen zur Beschaffung von Tests genügen.

Kontrollen können durch die zuständigen Arbeitsschutzbehörden und Aufsichtspersonen der Unfallversicherungsträger erfolgen.

Welche Konsequenzen kann ein Verstoß gegen die Testangebotspflicht haben?

Die zuständigen Arbeitsschutzbehörden können die Einhaltung aller Anforderungen der Verordnung im Einzelfall durch behördliche Anordnungen durchsetzen und Verstöße gegen solche Anordnungen mit einem Bußgeld von bis zu einer Höhe von 30.000 € ahnden. Ein Bußgeld wird also nicht sofort verhängt. Stellt die Behörde Beanstandungen fest, wird sie zunächst Anordnungen treffen und erst bei deren Nichtbefolgung droht ein Bußgeld.

Wie lange gilt das Ganze?

Die gesamte SARS-Cov-2-ArbSchVO ist befristet für die Zeit, für die der Bundestag eine epidemische Lage von nationaler Tragweite festgestellt hat, längstens bis zum 30.06.2021.

Damit sind auch die schon bisher geltenden Vorgaben der SARS-Cov-2-ArbSchVO verlängert worden, also das Angebot von Home Office, die Pflicht, Masken bereit zu stellen usw.


Rechtsanwältin Inga Leopold und stud. iur. Maike Usadel


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