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LOHN BEI HÄUSLICHER 24-STUNDEN-PFLEGE

25. August 2020

Das LAG Berlin-Brandenburg hat am 17.08.2020 (Az. 21 Sa 1900/19) entschieden, dass bei einer 24-Stunden Pflege die eingesetzte Pflegekraft den Lohn für 21 Stunden beanspruchen kann.

Was war passiert?

Die Klägerin ist eine bulgarische Staatsangehörige. Sie wurde von ihrem bulgarischen Arbeitgeber nach Deutschland entsandt. Hier sollte sie die 24-Stunden Pflege einer 93-jährigen Dame übernehmen. Die Klägerin und ihr Arbeitgeber vereinbarten einen Arbeitsvertrag, der eine umfassende Betreuung mit körperlicher Pflege, Hilfe bei Mahlzeiten, Übernahme von Haushaltsarbeiten, aber auch Gesellschaft leisten vorsah. Alle diese Aufgaben sollte die Klägerin innerhalb der vertraglich vereinbarten 30 Arbeitsstunden in der Woche leisten. Die Klägerin – auch das war vertraglich vereinbart – wohnte und übernachtete im Haus der betreuten Dame.

Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin den Lohn für 24 Stunden pro Tag. Da sie von 06:00 Uhr morgens bis 23:00 Uhr abends gearbeitet und sich in der übrigen Zeit bereitgehalten habe, seien sämtliche Stunden zu vergüten.

Dem hielt der Beklagte entgegen, es seien im Vertrag lediglich 30 Arbeitsstunden in der Woche vereinbart gewesen. Der Anspruch auf Vergütung weiterer Stunden scheide daher aus.

24-Stunden-Pflege mit 30 Wochenstunden unvereinbar

Den Verweis des Beklagten auf die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit und daraus folgende Verweigerung für die restlichen Stunden den Lohn zu zahlen hielt das LAG Berlin-Brandenburg für treuwidrig. Denn der Beklagte habe eine umfassende 24-Stunden Pflege zugesagt und diese mit der Klägerin auch vertraglich vereinbart. Die Verantwortung für die Einhaltung dieses Betreuungsumfangs und die Beachtung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit von 30 Stunden habe er sodann auf die Klägerin abgewälzt. Für die Einhaltung der Arbeitszeit sei aber nach Auffassung der Berliner Richter der Beklagte verantwortlich gewesen. 30 Stunden wöchentlich seien zudem aufgrund der zugesagten Rund-um-die-Uhr-Betreuung unrealistisch.

Lohn „nur“ für 21 Stunden

Das LAG hat der Klage fast vollumfänglich stattgegeben. Neben dem Lohn für die tatsächliche Arbeitszeit schulde die Beklagte auch für die Nachtzeit Vergütung, weil die Klägerin in dieser Zeit Bereitschaftsdienst geleistet habe. Von der Vergütungspflicht seien lediglich drei Stunden Täglich nicht umfasst. Nach Einschätzung der Berliner Richter sei es der Klägerin nämlich trotz der vereinbarten 24-Stunden Pflege „zumutbar“ gewesen, sich den Anforderungen für drei Stunden täglich zu entziehen. Nach alldem habe die Klägerin einen Anspruch auf Lohn für 21 Stunden pro Tag.

Stellungnahme

Die Pflege-Branche boomt bereits seit Jahren. In Anbetracht der immer älter werdenden Gesellschaft und gleichzeitig zunehmendem Fachkräftemangel ist der Einsatz von Arbeitskräften aus dem europäischen Ausland unverzichtbar. Dieser Trend wird sich in den kommenden Jahren sicherlich noch verstärken. Gleichzeitig birgt der Einsatz ausländischer Arbeitskräfte ein hohes Missbrauchspotenzial, weil diese oft keine oder nur geringe Kenntnis der in Deutschland geltenden Vorschriften haben. Die häufig hinzukommende Sprachbarriere verstärkt dieses Problem noch. Dem versucht der Gesetzgeber z.B. durch die zuletzt erfolgte Änderung des Entsendegesetztes entgegenzuwirken. Dennoch ist zu erwarten, dass sich die Arbeitsgerichte künftig wohl immer häufiger mit vergleichbaren Fällen beschäftigen werden.

Autor dieses Beitrags:

Radoslaw Kleczar, Rechtsanwalt


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