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Landesarbeitsgericht Düsseldorf: Kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats hinsichtlich der Vergütung des Betriebsratsvorsitzenden

03. Mai 2019

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hat am 19.03.2019 (Az.: 8 TaBV 70/18) entschieden, dass der Betriebsrat kein Mitspracherecht hinsichtlich der Höhe der Vergütung des Betriebsratsvorsitzenden hat.

Parallel war die Gehaltshöhe des Betriebsratsvorsitzenden auch Gegenstand seiner individuellen Zahlungsklage gegen die Arbeitgeberin (Az.: 7 Sa 1065/18). Auch in diesem Verfahren entschied das LAG Düsseldorf am 17.04.2019 im Wesentlichen zugunsten der Arbeitgeberin.

Folgendes war passiert:

Der Betriebsratsvorsitzende arbeitet seit 1994 bei der Arbeitgeberin. Seit 2006 war er Betriebsratsmitglied und seit 2010 stellvertretender Betriebsratsvorsitzender. Zu diesem Zeitpunkt bezog er ein Gehalt nach Entgeltgruppe (EG) 10.

Im Jahr 2013 übernahm er die Position eines Abteilungsleiters. Gleichzeitig legte er sein Amt als Betriebsratsmitglied nieder. Als Abteilungsleiter bezog er ein deutlich höheres Gehalt nach EG 13 als vorher; später sollte er dann in die EG 14 kommen. Dazu kam es jedoch nicht. Nachdem der Arbeitgeberin bekanntgeworden war, dass der Arbeitnehmer in seiner neuen Position als Abteilungsleiter Reparaturen und Inspektionsarbeiten an seinem privaten Fahrzeug durchführen ließ, ohne dafür zu bezahlen, wurde er auf Grundlage einer Änderungsvereinbarung als Sachbearbeiter in einer anderen Abteilung eingesetzt und in EG 11 eingruppiert. Dieser Maßnahme stimmte der Betriebsrat zu.

Als der Mitarbeiter 2014 erneut in den Betriebsrat gewählt wurde und die Position des Vorsitzenden übernahm, wurde er in die EG 14 eingruppiert. Dies wurde damit begründet, dass der Vorsitzende mit den Mitarbeitern dieser Entgeltgruppe vergleichbar sei. 2018 revidierte die Arbeitgeberin diese Eingruppierungs-Entscheidung und sah eine Eingruppierung in die EG 11 vor. Hierzu beantragte sie bei dem Betriebsrat die Zustimmung zu einer entsprechenden „Umgruppierung“. Der Betriebsrat verweigerte dies jedoch mit dem Argument, eine solche Umgruppierung stelle eine verbotene Benachteiligung des Betriebsratsvorsitzenden dar.

Trotz der Verweigerung der Zustimmung reduzierte die Arbeitgeberin das Gehalt des Betriebsratsvorsitzenden auf das Niveau der EG 11 und beantragte bei dem Arbeitsgericht Essen die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats. Zeitgleich verklagte der Betriebsratsvorsitzende die Arbeitgeberin auf Zahlung der Differenzvergütung zwischen EG 11 und EG 14.

Erstinstanzliche Entscheidungen: Für die Arbeitgeberin günstiges Ergebnis trotz Ablehnung des Antrags

Das Beschlussverfahren endete mit der Zurückweisung des Antrags der Arbeitgeberin. Der Grund hierfür war aber, dass es nach Auffassung des Arbeitsgerichts einer solchen Zustimmung des Betriebsrats überhaupt nicht bedurfte.

Das Klageverfahren ging ebenfalls erfolgreich für die Arbeitgeberin aus. Das Arbeitsgericht wies die Zahlungsklage mangels Anspruchs des Betriebsratsvorsitzenden auf einen höheren Lohn ab und führte aus, dass bei der Beurteilung der beruflichen Entwicklung die im Rahmen der Betriebsratstätigkeit erworbenen Qualifikationen unberücksichtigt bleiben müssen. Anderenfalls würde das Betriebsratsmitglied unzulässigerweise begünstigt, weil keine betriebsübliche, sondern die persönliche Entwicklung im Rahmen der Betriebsratstätigkeit den zu zahlenden Lohn beeinflusst hätte.

Zweitinstanzliche Entscheidungen: (Fast) vollständiger Erfolg für die Arbeitgeberin

Beide Entscheidungen des Arbeitsgerichts wurden nun vom LAG Düsseldorf bestätigt.

Der 8. Senat des LAG stellte fest, dass bei der Frage der Vergütung des Betriebsratsvorsitzenden kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht. Es handele sich insbesondere nicht um eine Umgruppierung im Sinne des § 99 BetrVG, weil zwischen den Parteien kein Streit bezüglich der Zuordnung einer bestimmten Tätigkeit zu einem Entgelt-Schema bestand. Vielmehr handele es sich um eine individualrechtlich zu beurteilende Frage der betriebsüblichen beruflichen Entwicklung eines vergleichbaren Arbeitnehmers nach § 37 Abs. 4 BetrVG, bei der gerade kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht.

Der 7. Senat des LAG wies die Zahlungsklage des Betriebsratsmitglieds ab und führte aus, dass die Eingruppierung in die EG 14 weder der persönlichen noch der betriebsüblichen Entwicklung eines mit dem Betriebsratsvorsitzenden vergleichbaren Arbeitnehmers entsprach. Nach dem Änderungsvertrag im Jahr 2013 und der Eingruppierung in die EG 11 erfolgte keine Zuweisung anderer Tätigkeiten, die eine höhere Eingruppierung rechtfertigen würde. Auch nach der aufgrund der Betriebsratstätigkeit erfolgten Freistellung von der beruflichen Tätigkeit war eine solche Entwicklung nicht ersichtlich. Ein Vollständiger Sieg war es für die Arbeitgeberin dennoch nicht. Ihre, auf die Rückzahlung der bereits gezahlten Bezüge gerichtete Widerklage wies das LAG ebenfalls ab. Die Rückforderung war nach § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen, weil die Arbeitgeberin mit den Zahlungen gegen das Begünstigungsverbot gemäß § 78 Satz 2 BetrVG verstoßen hatte.

Stellungnahme

Die Entscheidungen sind zu begrüßen und verdeutlichen, dass der Betriebsrat weder einen Vor- noch einen Nachteil durch seine Tätigkeit haben soll. Demgemäß ist es nur konsequent, dass der Betriebsrat hinsichtlich der Höhe der Betriebsratsvergütung in der hier vorliegenden Konstellation kein Mitbestimmungsrecht haben soll. Anders wäre der Fall dann zu beurteilen, wenn dem betroffenen Betriebsratsmitglied entweder ein anderer Arbeitsplatz zugewiesen worden wäre oder wenn sich die auf seine Tätigkeit anwendbare Vergütungsordnung geändert hätte. Bei einer solchen Veränderung wäre die Zustimmung des Betriebsrats gemäß § 99 BetrVG erforderlich.   

Die Tätigkeit eines Betriebsrats erfolgt nach § 37 Abs. 1 BetrVG ehrenamtlich und unentgeltlich – das haben sowohl der Arbeitgeber als auch der Betriebsrat zu beachten. § 37 BetrVG regelt außerdem, dass die Betriebsratsmitglieder, sofern erforderlich, von der beruflichen Tätigkeit zu befreien sind. Diese Befreiung darf die Höhe der Vergütung nicht beeinträchtigen. Dies ist Ausfluss des in § 78 BetrVG verankerten Grundsatzes, dass die Betriebsratsmitglieder aufgrund ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit weder benachteiligt noch begünstigt werden dürfen. Dies garantiert einerseits, dass das Betriebsratsmitglied wegen seiner ehrenamtlichen Tätigkeit nicht abgestraft wird. Auf der anderen Seite sollte durch das Begünstigungsverbot sichergestellt werden, dass sich der Arbeitgeber durch die Zahlung des höheren Gehalts nicht die Kooperation des Betriebsratsmitglieds erkauft. Betriebsratsmitglieder können ihrer beruflichen Tätigkeit aufgrund ihres Ehrenamtes häufig gar nicht oder jedenfalls teilweise nicht mehr nachgehen. Die Chancen des tatsächlichen beruflichen Aufstiegs sind dementsprechend eingeschränkt. Um dieser Entwicklung zumindest auf der Gehaltsebene zu begegnen, regelt § 37 Abs. 4 BetrVG, dass das Entgelt des Betriebsratsmitglieds dem Gehalt eines vergleichbaren Mitarbeiters mit einer betriebsüblichen Entwicklung entsprechen muss. Ein Mitbestimmungsrecht bei der Beurteilung einer solchen Entwicklung seitens des Betriebsrats besteht – wie nun nochmals herausgestellt wurde – jedoch nicht.

Autor dieses Beitrags:

Radoslaw Kleczar, Rechtsanwalt


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