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Kurzarbeit Null kürzt den Urlaubsanspruch

14. April 2021

Für jeden vollen Monat Kurzarbeit Null kann der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers um 1/12 kürzen. So entschied das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (LAG Düsseldorf, Urteil vom 12.03.2021 – 6 Sa 824/20 – Pressemitteilung). Begründet wird die Nichtentstehung des Urlaubsanspruchs mit der fehlenden Arbeitspflicht des Arbeitnehmers während der Kurzarbeit Null. Fazit: Wer nicht arbeiten muss, braucht keinen Urlaub!

Aufhebung der beiderseitigen Leistungspflichten

Die Klage einer Arbeitnehmerin auf Feststellung von Resturlaubsansprüchen i.H.v. 2,5 Tagen wurde sowohl vom Arbeitsgericht Essen (Urteil vom 06.10.2020 -1 Ca 2155/20) als auch vom LAG Düsseldorf abgewiesen. Die Teilzeitmitarbeiterin der Systemgastronomie hatte einen jährlichen Urlaubsanspruch von 14 Tagen, von dem ihr bereits 11,5 Tage gewährt worden waren. In den Monaten Juni, Juli und Oktober 2020 befand sie sich durchgehend in Kurzarbeit Null – sie musste also nicht arbeiten. Die Klägerin war der Ansicht, dass ihr für das Jahr 2020 gleichwohl der ungekürzte Urlaub von 14 Arbeitstagen zustehe.

Das LAG Düsseldorf hingegen urteilte, dass für Monate, in denen wegen Kurzarbeit Null nicht gearbeitet werden muss, kein Urlaubsanspruch gemäß § 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) entsteht. Urlaub diene dem Zwecke der Erholung, der jedoch voraussetze, dass zunächst eine Verpflichtung zur Tätigkeit bestand. Die Kurzarbeit Null hebe allerdings vorübergehend die beiderseitigen Leistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis auf, sodass Kurzarbeiter in diesem Zeitraum wie Teilzeitbeschäftigte zu behandeln seien, deren Erholungsurlaub ebenfalls anteilig für die Tage, an denen sie nicht arbeiten müssen, gekürzt werden darf. An alledem hat der Umstand, dass die Kurzarbeit der Klägerin durch die Corona-Pandemie veranlasst ist, nichts geändert.

Vereinbarkeit mit europäischem Recht

Dies entspricht auch der Rechtsprechung des EuGH (EuGH v. 08.12.2012, Az. C-229/11 und C-230/11) und damit dem europäischem Recht. Kurzarbeiter sind – anders als ein dauerhaft erkrankter Arbeitnehmer – nicht daran gehindert, sich Freizeitaktivitäten zu widmen und zu erholen. Dem EuGH zufolge entsteht der europäische Mindesturlaubsanspruch aus Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG während der Kurzarbeit Null nicht. Daher ist die vorübergehende Gleichstellung eines Kurzarbeiters mit einem Teilzeitbeschäftigten gerechtfertigt.

Auswirkungen auf die Praxis

Das deutsche Recht enthält keine günstigere Regelung zum Urlaubsanspruch während der Kurzarbeit als das EU-Recht. Weder das BUrlG enthält Vorschriften dazu, noch existieren spezielle Regelungen. Daher war bislang unklar, ob sich der Urlaubsanspruch während der Kurzarbeit automatisch verringert, ob es einer gesonderten Vereinbarung bedarf und ob eine solche Vereinbarung überhaupt zulässig ist.

Nun bringt das LAG Düsseldorf mit seiner Ansicht, dass die Kürzung des Urlaubsanspruchs um 1/12 für jeden vollen Monat Kurzarbeit Null automatisch kraft Gesetzes erfolgt, erste Klarheit in diese spannende Frage. Eine gesonderte vertragliche Vereinbarung über die Kürzung des Urlaubs ist nach dieser Ansicht nicht erforderlich. Da jedoch die Revision zum BAG zugelassen wurde, bleibt abzuwarten, ob das höchste deutsche Arbeitsgericht der Auffassung des LAG folgt. Angesichts der Rechtsprechung des EuGH ist davon aber auszugehen.

Infos zur neuen Weisung der Bundesagentur für Arbeit zum Thema "Kurzarbeit und Urlaub" finden Sie in unserem Beitrag vom 02. März: "Neue Weisung zu Kurzarbeit und Urlaub"

Rechtsanwältin Inga Leopold und stud. iur. Maike Usadel


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