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Können einzelne Mitarbeitende von Betriebsfeiern ausgeschlossen werden?

01. Februar 2024

Können einzelne Mitarbeitende von Betriebsfeiern ausgeschlossen werden?

Die Zeit der betrieblichen Weihnachtsfeiern liegt noch nicht lange zurück und doch stehen vielfach bereits weitere Betriebsfeiern an und müssen geplant werden. Wie in unserem kürzlich veröffentlichten Beitrag zu den arbeits-, sozial- und steuerrechtlichen Aspekten der betrieblichen Weihnachtsfeier erwähnt, können Arbeitgeber einzelne Arbeitnehmer unter gewissen Voraussetzungen von Betriebsfeiern ausschließen. Diese Voraussetzungen möchten wir unter Zuhilfenahme thematisch passender Rechtsprechung näher beleuchten.

Grundsätzlich besteht ein Anspruch auf Teilnahme an Betriebsfeiern

Arbeitnehmer können an betrieblichen Feierlichkeiten teilnehmen, müssen es aber nicht. Sie haben keinen Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber auf Durchführung bestimmter Betriebsfeiern. Werden jedoch derartige Veranstaltungen betriebsöffentlich angeboten, haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf Teilnahme, der sich aus dem im Arbeitsrecht geltenden allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz ergibt (ArbG Köln, Urteil vom 22.06.2017 – 8 Ca 5233/16). Arbeitgeber sind nicht berechtigt, die Teilnahme an Betriebsausflügen oder Betriebsfeiern im Wege ihres Direktionsrechts nach § 106 GewO anzuordnen. Dies gilt auch, wenn die Feierlichkeit während der Arbeitszeit stattfindet. Wer nicht teilnehmen möchte, muss dann aber selbstverständlich gleichwohl arbeiten. Freigestellt werden üblicherweise nur die Mitarbeitenden, die an der Feierlichkeit teilnehmen.

Wann können Arbeitnehmende von Feierlichkeiten ausgeschlossen werden?

Der Ausschluss einzelner Arbeitnehmer oder einer Gruppe von Arbeitnehmern von Betriebsfeiern bedarf aufgrund der daraus resultierenden Ungleichbehandlung eines sachlichen Grundes. Fehlt ein solcher, besteht im Umkehrschluss ein individuelles Teilnahmerecht des einzelnen Arbeitnehmers (ArbG Köln, Urteil vom 22.06.2017 – 8 Ca 5233/16 unter Berufung auf die ständige Rechtsprechung des BAG, z.B. BAG, Urteil vom 11.09.1985 – 7 AZR 371/83; BAG, Urteil vom 11.04.2006 – 9 AZR 528/05).

Sachliche Gründe für einen Ausschluss können sich aus der Person des Arbeitnehmers oder aus einem konkreten betrieblichen Bedürfnis ergeben. So können beispielsweise Arbeitnehmer von Betriebsfeiern ausgeschlossen werden, die während der Feier Bereitschaftsdienst haben oder es kann einer bestimmten Gruppe von Arbeitnehmern die Teilnahme versagt werden, wenn ohne sie die Aufrechterhaltung des Betriebes unmöglich ist. Außerdem können Mitarbeiter ausgeschlossen werden, wenn konkrete Anhaltspunkte dafürsprechen, dass durch die Anwesenheit der Person Störungen der Veranstaltung zu erwarten sind. Neben dem Erfordernis des sachlichen Grundes ist weiterhin Voraussetzung für jeden Ausschluss einzelner Mitarbeiter von betrieblichen Feierlichkeiten, dass kein milderes, aber gleich geeignetes Mittel für den Arbeitgeber zur Verfügung steht. Im Ergebnis ist also eine Interessenabwägung nach den Umständen des Einzelfalls vorzunehmen, bei der der Arbeitgeber die Grenzen des billigen Ermessens (§ 315 BGB) nicht überschreiten darf.

Ein pauschaler Ausschluss aller unwiderruflich freigestellten Arbeitnehmer von Betriebsfeiern ist dem Arbeitsgericht Köln nach beispielsweise – gemessen an den eben genannten Grundsätzen – nicht zulässig, da die einvernehmliche Freistellung allein keinen ausreichenden sachlichen Grund für die Differenzierung bei der Einladung darstellt (ArbG Köln a.a.O.)

Dagegen können Arbeitnehmer rechtmäßig von Betriebsfeiern eines Krankenhauses ausgeschlossen werden, wenn sie die vom Arbeitgeber aufgestellten Zugangsvoraussetzungen nicht erfüllen (LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 01.07.2022 – 6 Ta 673/22). Dem LAG Berlin-Brandenburg zufolge können Krankenhäuser in zulässiger Weise zwischen Arbeitnehmern differenzieren, die eine vollständige Impfung gegen das Corona-Virus oder eine Genesung sowie einen negativen Test vorlegen können und solchen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen. Diese Gruppenbildung hält das LAG für sachlich gerechtfertigt, da die Zugangsbeschränkungen eine Reduzierung des Infektionsrisikos für Beschäftigte und damit mittelbar für vulnerable Gruppen bedeutet. Bereits aus den Wertungen des Infektionsschutzgesetz ergibt sich nämlich, dass der Gesetzgeber Krankenhäuser zu einem besonderen Schutz gegen Infektionen verpflichtet. Dementsprechend hat das LAG Berlin-Brandenburg den Eilantrag eines Arbeitnehmers auf Teilnahme an der Betriebsfeier ohne die Einhaltung der vom Krankenhaus aufgestellten Zugangsregeln abgelehnt. Da die Klink bei der Aufstellung der Zugangsregeln nicht hoheitlich, sondern privatrechtlich handele, hält das LAG Berlin-Brandenburg auch eine besondere Rechtsgrundlage dafür für nicht erforderlich.

Können auch Freelancer zu betrieblichen Feiern eingeladen werden?

Sollen zu den internen betrieblichen Feierlichkeiten auch Freelancer (freie Mitarbeiter, Selbstständige) eingeladen werden, ist darauf zu achten, dass eine solche Teilnahme sozialversicherungsrechtliche Konsequenzen haben kann. Die Teilnahme kann namentlich als Indiz für eine Scheinselbstständigkeit gewertet werden. Eine solche liegt vor, wenn Erwerbstätige zwar wie Selbstständige behandelt werden, tatsächlich jedoch wie abhängige Beschäftigte – also Arbeitnehmer – arbeiten und daher gleichsam schutzwürdig sind. Für Letztere sind Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Die Deutsche Rentenversicherung entscheidet aufgrund einer Abwägung der Gesamtumstände, ob eine selbstständige Tätigkeit oder ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt. Hier ist also Vorsicht geboten.

Welche Rechtsschutzmöglichkeiten haben Arbeitnehmer?

Werden Arbeitnehmer in unzulässiger Weise von Betriebsfeiern ausgeschlossen, können sie den Arbeitgeber auf Einladung zu den betriebsöffentlich angebotenen Feierlichkeiten verklagen. Aus dem Klageantrag muss sich ergeben, an welcher konkreten Feierlichkeit der klagende Arbeitnehmer teilnehmen möchte. Begehrt wird in einem solchen Fall eine tatsächliche, unvertretbare Handlung – also die Einladung des Arbeitgebers – die nach § 888 ZPO vollstreckbar ist. Der Anspruch auf die Einladung ist auf den im Arbeitsrecht geltenden Gleichbehandlungsgrundsatz zu stützen, der die privatrechtliche Ausgestaltung des Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz darstellt.

Da Einladungen zu Betriebsfeiern aber in der Regel recht kurzfristig verschickt werden und (arbeits-)gerichtliche Verfahren langwierig sind, wird in den meisten Fällen ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren geboten sein. Die gesteigerte Dringlichkeit ergibt sich dann daraus, dass mit einer Entscheidung in der Hauptsache bis zum Zeitpunkt der Feierlichkeit nicht gerechnet werden kann.

Können Arbeitnehmer, die aus betrieblichen Gründen nicht an einer Feier teilnehmen dürfen, „entschädigt“ werden?

Grundsätzlich können Arbeitgeber den Arbeitnehmern, die bspw. für Notdienste während Betriebsfeiern eingesetzt waren, als Ausgleich für die entgangene Verzehrmöglichkeit bei der Feier z.B. Wertgutscheine überlassen. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass diese Wertgutscheine als Arbeitslohn zu werten sind und nicht pauschal mit 25% nach § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG versteuert werden können, wie das Finanzgericht München mit Urteil vom 24.09.2010 – 8 K 2633/08 entschied. In dem Fall hatte der Arbeitgeber Gutscheine über 70€ für die Arbeitnehmer ausgestellt, die aus betrieblichen Gründen nicht an der Weihnachtsfeier teilnehmen konnten. Beliebige Bewirtungsbelege konnten bei Vorlage bis zum Wert von 70€ erstattet werden. Die Pauschalbesteuerung mit 25% nach § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG setzt voraus, dass der Arbeitslohn aus Anlass von Betriebsveranstaltungen gewährt wird. Im oben genannten Fall sei er jedoch anstelle der Teilnahme an den Feierlichkeiten gezahlt worden, womit die Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EstG nicht vorlagen und die übliche Versteuerung vorzunehmen ist.

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht Inga Leopold und wissenschaftliche Mitarbeiterin Maike Usadel

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