Längere Auszeiten vom Job – in der Regel für einen Zeitraum von drei bis zwölf Monaten – erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Die längere Arbeitspause wird häufig genutzt, um eine neue Sprache zu erlernen oder den persönlichen Horizont durch Fernreisen zu erweitern. Man spricht bei einer solchen Vereinbarung von einem „Sabbatical“ oder einem Sabbatjahr. Was aus rechtlicher Sicht zum Thema Sabbatical zu beachten ist und wie die Auszeit ausgestaltet werden kann, haben wir in dem folgenden FAQ zusammengestellt:
Im Gesetz findet sich keine Anspruchsgrundlage für eine voraussetzungslose zeitlich befristete Arbeitsfreistellung. Vielmehr stellt die Ermöglichung eines Sabbaticals grundsätzlich ein freiwilliges Angebot des Arbeitgebers dar. In manchen Branchen regeln allerdings Tarifverträge den Anspruch auf eine persönliche Auszeit und es gibt auch immer mehr Unternehmen, in denen Arbeitgeber und Betriebsrat in einer Betriebsvereinbarung regeln, dass unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf ein Sabbatical besteht.
Gelegentlich wird der seit dem 01.01.2019 gesetzlich geregelte Anspruch auf Brückenteilzeit nach § 9a Teilzeitbefristungsgesetz (TzBfG) bemüht, um über eine geschickte Verteilung der Teilzeit Freistellungsmonate herauszuholen. Das Gesuch nach der befristeten Verringerung der Arbeitszeit kann der Arbeitgeber allerdings bei Vorliegen entgegenstehender betrieblicher Gründen ablehnen. Außerdem eignet sich dem LAG Hamburg zufolge die Norm nicht als Anspruchsgrundlage für eine Verringerung der Arbeitszeit mit entsprechend verringerter, aber monatlich verstetigter Vergütung, wobei während der Freistellungsmonate eine 0-Stundenwoche vereinbart wird. Dies sei gesetzlich nicht vorgesehen, insbesondere nicht in § 9a TzBfG (LAG Hamburg, Urteil vom 4.3.2020 – 5 SaGa 2/19; so auch ArbG Stralsund, Urteil vom 11.09.2019 - 3 Ca 121/19).
Abgesehen von den Ausnahmefällen, in denen eine Rechtsgrundlage für die Auszeit vorliegt, ist ein Sabbatical nur möglich, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine einvernehmliche Vereinbarung darüber treffen. Wenngleich die Ermöglichung des Sabbaticals also keine Arbeitgeberpflicht darstellt, wird dadurch sicherlich die Attraktivität des Arbeitgebers gesteigert.
Es besteht die Möglichkeit, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag zum Zeitpunkt X mit einer verbindlichen Wiedereinstellungszusage schließen. Der Arbeitnehmer erhält also das Recht, entweder zu einem im Voraus vereinbarten Zeitpunkt in das Arbeitsverhältnis oder ein gleichwertiges Arbeitsverhältnis zurückzukehren, oder eine angemessene Ankündigungsfrist einzuhalten und zum angekündigten Zeitpunkt wieder eingestellt zu werden. Eine solche Abrede bietet sich bei einer langen Arbeitsunterbrechung von über 3 Monaten an. Trotz des geringen Umsetzungsaufwands dieser Regelung darf die Konsequenz nicht missachtet werden, dass im Falle eines unbezahlten Sabbaticals der Sozialversicherungsschutz des Arbeitnehmers nach Ablauf eines Monats endet, § 7 III SGB IV. Der Arbeitnehmer muss seine Sozialversicherung in dieser Zeit folglich selbst regeln. Daneben entfallen auch die arbeitsvertraglichen (Neben)-Pflichten, wie z.B. ein etwaig bestehendes Wettbewerbsverbot. Da es sich bei dieser Gestaltungsmöglichkeit um eine einzelvertragliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer handelt, besteht kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates. Anders stellt es sich dar, wenn der Arbeitnehmer nach Beendigung des Sabbaticals wieder eingestellt wird. In diesem Fall besteht ein Beteiligungsrecht des Betriebsrates bei der Einstellung nach § 99 Abs. 1 BetrVG.
Daneben können die Parteien auch das Ruhen des Arbeitsverhältnisses für einen bestimmten Zeitraum vereinbaren. In diesem Fall ruhen jedoch lediglich die arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflichten, namentlich die Vergütungspflicht des Arbeitgebers und die Arbeitsleistungspflicht des Arbeitnehmers. Dagegen gelten Nebenpflichten wie Verschwiegenheitspflichten und Wettbewerbsverbote in der Ruhephase fort.
Nach aktueller Rechtsprechung (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.2.2024 – 1 Sa 1108/23; zu einem unbezahlten Sonderurlaub BAG, Urteile vom 19.03.2019 – 9 AZR 315/17, 9 AZR 406/17) besteht während der Ruhephase demgegenüber kein Anspruch auf Erholungsurlaub aus dem Gesetz oder einem Tarifvertrag. Der Urlaubsanspruch darf für die Zeit der Freistellung gekürzt werden. Die Entscheidung knüpft dabei an die Rechtsprechung des EuGH und des BAG zur „Kurzarbeit Null“ oder anderen Formen der Suspendierung der Arbeitspflicht an. Wie auch bei der Altersteilzeit, bei der eine Vereinbarung über die Verteilung der Arbeitszeit für den Gesamtzeitraum der Altersteilzeit getroffen wird, sei der Urlaubsanspruch bei einem unterjährigen Wechsel der Arbeitszeitverteilung nach Zeitabschnitten zu berechnen (vgl. BAG, Urteil vom 03.12.2019 – 9 AZR 33/19; EuGH, Urteil vom 13.12.2018 – C-385/17). Diese Grundsätze sollen auch auf Sabbaticals anzuwenden sein. Für die Freistellungsphase eines Sabbaticals besteht demnach kein Anspruch auf Erholungsurlaub, da keine Arbeitspflicht besteht.
Beim Abschluss einer solchen Vereinbarung besteht ebenfalls kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates. Die Wiederaufnahme der Arbeit durch den Arbeitnehmer nach der Ruhephase stellt darüber hinaus keine Einstellung i.S.d. § 99 Abs. 1 BetrVG dar.
Schließlich besteht die Möglichkeit, ein befristetes Teilzeitarbeitsverhältnis zu vereinbaren. Diese Regelung erinnert an eine Altersteilzeitregelung im Blockmodell, da Arbeitszeit und Gehalt für einen gewissen Zeitraum verringert werden, sodass der Arbeitnehmer während der Freistellungsphase weiterhin ein laufendes Einkommen hat. Konkret baut der Arbeitnehmer zunächst ein Zeitguthaben auf einem Arbeitszeitkonto auf und nutzt dieses Zeitguthaben im Anschluss für sein Sabbatical, baut es also während dieser Zeit wieder ab. Dieses Modell ist für Arbeitgeber zeit- und organisationsaufwendig und anfällig für Störfälle, wie z.B. im Falle einer Erkrankung des Arbeitnehmers während der Ansparphase oder einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und deren Abwicklung.
Gewichtiger Vorteil für den Arbeitnehmer ist hingegen, dass unter den Voraussetzungen von §§ 7 Ia, 7b SGB IV auch während der Zeit, in der er keine Arbeitsleistung erbringt, ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis besteht und der Arbeitgeber die entsprechenden Beiträge abführt. Hierfür ist erforderlich, dass eine Wertguthabenvereinbarung i.S.d. § 7 Abs. 1a 1 Nr. 1 SGB IV i.V.m. § 7 b SGB IV besteht. Der Arbeitgeber muss das Wertguthaben ferner nach § 7e SGB IV gegen das Risiko der eigenen Insolvenz absichern.
Bietet der Arbeitgeber ein solches Ansparmodell für Sabbaticals für alle Arbeitnehmer an, kommen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 und Nr. 5 BetrVG in Betracht. Der Betriebsrat kann den Abschluss einer Betriebsvereinbarung verlangen, die die Voraussetzungen und die inhaltliche Ausgestaltung des Sabbaticals regelt.
1) Beendigung des Arbeitsvertrages und verbindliches Rückkehrrecht bzw. Wiedereinstellungszusage | 2) Arbeitsvertrag ruht bzw. unbezahlter Urlaub | 3) Ansparmodell – befristetes Teilzeitarbeitsverhältnis | |
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Arbeitsverhältnis bleibt bestehen | Nein | Ja; auf dem Papier | Ja |
Arbeitnehmer ist während der Auszeit sozialversichert | Nein; Arbeitnehmer muss Beiträge selbst entrichten | Nein; Arbeitnehmer muss Beiträge mangels Vergütung durch den Arbeitgeber selbst entrichten | Ja |
Betriebsrat hat Mitbestimmungsrecht | Nein; einzelvertragliche Regelung | Nein; einzelvertragliche Regelung | Ja, Einzelheiten des Modells sind mitbestimmt |
Vertragliches Wettbewerbsverbot bleibt in Freistellungsphase bestehen | Nein | Ja | Ja |
Vor dem Abschluss einer Sabbatical-Vereinbarung müssen die Vor- und Nachteile der einzelnen Gestaltungsmöglichkeiten inklusive ihrer Folgen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer genau betrachtet werden. Die Variante, die häufig für die Beschäftigten am attraktivsten ist (die Variante Ansparmodell) bringt einige organisatorische Hürden und einen erhöhten Aufwand auf Arbeitgeberseite mit sich. Es sollte schon im Vorfeld bedacht werden, wie mit „Störfällen“ (längere Erkrankung; Änderungen im Arbeitsverhältnis; Schwangerschaft usw.) in der Ansparphase sinnvoll umgegangen werden kann. Auf der anderen Seite scheuen sich viele Beschäftigte, das Arbeitsverhältnis für die Auszeit per Aufhebungsvertrag zu beenden, nicht zuletzt, da sie sich dann selbst um ihre Krankenversicherung kümmern müssen. Den einen Königsweg gibt es nicht. Man muss individuell entscheiden, welches Modell für die konkrete Situation passt. Die meisten Unternehmen werden heutzutage allerdings nicht darum herumkommen, sich mit der Thematik zu beschäftigen. Die Nachfrage nach Sabbaticals ist hoch und wird nicht selten schon im Vorstellungsgespräch gestellt.
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht Inga Leopold und wissenschaftliche Mitarbeiterin Maike Usadel
Kurt-Schumacher-Str. 22
53113 Bonn
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