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Gesetzesinitiativen für hybride Mitgliederversammlungen in Vereinen greifen zu kurz!

02. Dezember 2022

Gesetzesinitiativen für hybride Mitgliederversammlungen in Vereinen greifen zu kurz!

Hintergrund

Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht (COVID-Maßnahmengesetz), das u.a. während der Pandemie virtuelle und hybride Mitgliederversammlungen vorsah, ist am 31.08.2022 ausgelaufen – zum Leidwesen vieler Vereine, die versäumt hatten, die Regelungen rechtzeitig in die Satzungen zu implementieren. Denn ohne diese Regelungen fällt die Vereinspraxis wieder auf die (schon vor Corona antiquiert erscheinende) Ansicht zurück, dass „Versammlungen“ im Sinne von § 32 BGB nur physisch stattfindende Versammlungen sind. Das alte Bild des Vereins, der sich im Hinterzimmer der örtlichen Kneipe zur jährlichen Versammlung trifft, scheint noch nicht aus allen Köpfen verschwunden zu sein.

Gesetzesinitiativen von Bundesrat und CDU/CSU-Fraktion

Der Bundesrat (BTDrucks. 20/2532) und die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag (BT-Drucks. 20/4318) haben nun wortlautidentische Gesetzesvorschläge zur Einführung hybrider Mitgliederversammlungen im Vereinsrecht entwickelt und als Gesetzentwürfe eingebracht. Ergänzt werden soll § 32 BGB um einen Abs. 1a. Der neue Absatz würde lauten:

„(1a) Der Vorstand kann auch ohne Ermächtigung in der Satzung vorsehen, dass Vereinsmitglieder an der Mitgliederversammlung ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der Bild- und Tonübertragung teilnehmen und Mitgliederrechte auf diesem Wege ausüben können.“

Im Unterschied zu § 5 Absatz 2 Nummer 1 und Absatz 3a (COVID-Maßnahmengesetz) würde die Möglichkeit der virtuellen Teilnahme auf die Teilnahme mittels Videokonferenztechnik beschränkt; eine Teilnahme im Wege jedweder Art elektronischer Kommunikation wäre nicht möglich. Gleichzeitig wäre aber auch eine vollständig digitale Versammlung nicht möglich.

Gegenvorschlag der Bundesregierung

Die Bundesregierung hat hierzu eine Stellungnahme abgegeben (BT-Drucks. 20/2532). Ihr geht der Entwurf nicht weit genug. Sie schlägt in ihrer Stellungnahme einen etwas erweiterten Absatz vor:

„(1a) In der Einladung zur Versammlung kann vorgesehen werden, dass Mitglieder auch ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation an der Versammlung teilnehmen und andere Mitgliederrechte ausüben können. Wird die Ausübung von Mitgliederrechten ohne Anwesenheit am Versammlungsort nach Satz 1 zugelassen, muss in der Einladung auch angegeben werden, wie die Mitglieder ihre Rechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können.

Beide Vorschläge wären durch die Satzung jeweils abänderbar.

Kritik

Die Initiativen sind für die Vereinspraxis im Grundsatz unbedingt zu begrüßen. Allerdings gehen sämtliche Entwürfe nicht weit genug. Es stellt sich die Frage, warum der Gesetzgeber hinter die erbprobten und bewährten Möglichkeiten des COVID-Maßnahmengesetzes zurückfallen sollte? Sowohl rein elektronische Versammlungen als auch hybride Versammlungen haben sich bewährt und sind technisch im Griff. Das Mittel des Umlaufverfahrens hat ebenfalls vielen Vereinen die Handlungsfähigkeit bewahrt. Aus welchem Grunde soll nun wieder Flexibilität eingeschränkt werden?

Der Gesetzgeber ist aufgerufen, auch nach CIVID mindestens den Mut zu zeigen, wie in der Pandemie und den Vereinen moderne Eigenverantwortlichkeit zuzutrauen! Nur am Rande sei erwähnt, dass auch eine Bestimmung entsprechend Art. 2, § 5 Abs. 1 COVID-Maßnahmengesetz, wonach gewählte Vorstände so lange im Amt bleiben, bis eine neuer Vorstand gewählt wurde, so manches Vereinsregister deutlich entlasten würde. Was spräche dagegen?

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Sport- und Arbeitsrecht Dr. Stephan Osnabrügge