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Ein Virus sorgt für Aufregung: Das müssen Arbeitgeber zu Covid-19 wissen.

10. März 2020

Niemand kommt an diesem Thema aktuell vorbei: Covid-19 oder „der Coronavirus“ hat viele Länder fest im Griff und beherrscht die Schlagzeilen aller Nachrichtenformate. Nachdem immer mehr Menschen – unter ihnen natürlich auch Arbeitnehmer – erkranken und/oder in behördliche Quarantäne geschickt werden und auch ganze Betriebsschließungen nicht unwahrscheinlich sind, stellen sich zahlreiche arbeitsrechtliche Fragen.

Eine Pandemie setzt das Arbeitsrecht nicht außer Kraft

Das Wichtigste vorweg: Auch in der aktuellen Situation werden die gegenseitigen Rechte und Pflichten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern nicht außer Kraft gesetzt.

Und wenig überraschend: Erkranken Arbeitnehmer an Covid-19, haben sie zunächst Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, nach Ablauf von sechs Wochen wird bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit Krankengeld von der Krankenkasse gezahlt. Insoweit gelten keinerlei Besonderheiten. Interessant wird es, wenn das Gesundheitsamt erkrankte oder unter Krankheitsverdacht stehende Arbeitnehmer unter häusliche Quarantäne stellt.

… und bei Quarantäne zahlt häufig der Staat.

In der Regel ordnen Behörden nicht nur für nachweislich Infizierte (ob mit oder ohne Symptomen), sondern auch bei Kontakt mit Infizierten eine Quarantäne („häusliche Absonderung“) gem. §§ 28, 30 Infektionsschutzgesetz (IfSG) an. Bei den praktischen Auswirkungen für Beschäftigte und Arbeitgeber wird danach unterschieden, ob die Quarantäne mit einer Erkrankung und daraus folgenden Arbeitsunfähigkeit zusammenfällt oder gesunde Menschen unter Hausarrest gestellt werden.

Für an Covid-19 arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer bleibt es zunächst bei den gewöhnlichen Entgeltfortzahlungsregeln (sechs Wochen Entgeltfortzahlung, danach Krankengeld). Wird der Arbeitnehmer während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit zusätzlich per behördlicher Anordnung in Quarantäne geschickt, stellt sich die noch nicht abschließend geklärte Frage, ob dadurch der Entgeltfortzahlungsanspruch entfällt und der Mitarbeiter (nur) den unten näher erläuterten Entschädigungsanspruch nach § 56 IfSG geltend machen kann. Aus unserer Sicht bleibt es bei dem Grundsatz, dass ein Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 3 EfzG nur dann besteht, wenn der Arbeitnehmer ohne Erkrankung gearbeitet hätte (sog. Monokausalität). Eine unabhängig von der Arbeitsunfähigkeit angeordnete Quarantäne lässt den Entgeltfortzahlungsanspruch also entfallen.

In der Praxis wird die häusliche Absonderung oder ein Tätigkeitsverbot für an Covid-19 Erkrankte aber im Regelfall wegen der Erkrankung auferlegt werden, so dass es beim Entgeltfortzahlungsanspruch bleibt. Auch wird sich nicht immer herausfinden lassen, ob und aus welchem Grund behördliche Anordnungen gegenüber dem Mitarbeiter ergangen sind. Es kann im Einzelfall aber lohnenswert mit Blick auf ohnehin „problematische“ Arbeitsverhältnisse sein, dieses Thema im Blick zu behalten.

Etwas diffiziler ist die Lage bei gesunden Mitarbeitern, denen die Behörde als Vorsichtsmaßnahme untersagt, das Haus zu verlassen. Sie können ihre Arbeitsleistung nicht erbringen (es sei denn, man verständigt sich auf eine Tätigkeit im Home Office), haben mangels Erkrankung aber auch keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Manch einer wird sich dann auf die Vorschrift des § 616 BGB berufen, die den Anspruch auf die vereinbarte Vergütung aufrecht hält, wenn der Arbeitnehmer für eine verhältnismäßig kurze Zeit ohne sein Verschulden an der Dienstleistung gehindert ist. Aufgrund der langen Inkubationszeit von Covid-19 werden aktuell in der Regel Quarantänen von mindestens zwei Wochen verhängt. Dabei wird man kaum noch von einer „verhältnismäßig kurzen Zeit“ sprechen können. Zudem ist § 616 BGB in vielen Arbeitsverträgen ausdrücklich ausgeschlossen, so dass über diese Vorschrift kein Vergütungsanspruch hergeleitet werden kann.

Muss der Arbeitgeber nach den obigen Grundsätze keine Vergütung zahlen, kommt § 56 IfSG zum Tragen: Die betroffenen Arbeitnehmer können eine Entschädigung für ihren Verdienstausfall verlangen. In den ersten sechs Wochen der Quarantäne (bzw. eines behördlichen Tätigkeitsverbots nach § 31 IfSG) bemisst sich die Entschädigung nach der Höhe des Verdienstausfalls (= Netto-Arbeitsentgelt) und ist zunächst vom Arbeitgeber auszuzahlen. Er kann sich die gezahlten Entschädigungen dann aber vom zuständigen Gesundheitsamt (in NRW: Landschaftsverbände Rheinland bzw. Westfalen-Lippe) erstatten lassen. Der Erstattungsantrag muss innerhalb von drei Monaten nach Ende der Quarantäne bzw. Beginn des Tätigkeitsverbots gestellt werden.

Achtung: Die Entschädigung nach dem IfSG ist kein Arbeitsentgelt und sollte auf der Gehaltsabrechnung auch entsprechend gekennzeichnet werden. Die Auswirkungen auf die Sozialversicherung sind in § 57 IfSG geregelt: Die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung besteht fort und das entschädigungspflichtige Land trägt die Beiträge. Die in den ersten sechs Wochen vom Arbeitgeber entrichteten Beiträge erstattet ihm das Land auf Antrag. Für die Kranken-, Pflege-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung gilt dies entsprechend.

Nach sechs Wochen verringert sich die Entschädigung auf die Höhe des Krankengeldes. Der Arbeitgeber ist dann nicht mehr in der Pflicht. Arbeitnehmer, die für mehr als sechs Wochen abgesondert oder mit einem Tätigkeitsverbot belegt werden, müssen die Entschädigung dann selbst bei der Behörde beantragen.

Praxistipp
 
Um die finanziellen Auswirkungen der Pandemie zu begrenzen, sollten Arbeitgeber kritisch hinterfragen, ob Mitarbeiter tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt sind oder auf behördliche Anordnung hin (gesund) zu Hause bleiben müssen und von ihrem Arzt zusätzlich mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestattet wurden. Es empfiehlt sich ein Hinweis an die Belegschaft, dass die Personalabteilung über eine behördliche verhängte häusliche Quarantäne unverzüglich zu informieren ist.

Sorge vor Ansteckungen 

Zahlreiche Menschen treibt aktuell die Angst um, sich bei anderen anzustecken. Allein diese Sorge berechtigt aber niemanden, einfach zu Hause zu bleiben oder ohne Zustimmung des Arbeitgebers ausschließlich im Home Office zu arbeiten. Es bleibt bei den auch sonst anwendbaren Grundsätzen: Der Arbeitgeber bestimmt im Rahmen des Direktionsrechts, wo gearbeitet wird. Ein „Recht auf Home Office“ gibt es nicht, sondern es muss separat – im Arbeitsvertrag, in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung – vereinbart werden, dass der Mitarbeiter an einzelnen Tagen oder vollständig von zu Hause arbeiten darf. Umgekehrt kann Home Office aber auch nicht einseitig angeordnet werden. Der Arbeitnehmer muss sich schon damit einverstanden erklären, die Arbeitsleistung in seinen Wohnräumen zu erbringen.

Von diesen Regeln greift erst dann eine Ausnahme, wenn der Arbeitnehmer konkret fassbare Gesundheitsgefahren befürchten muss, wenn er sich in den Betrieb begibt. Daran wäre zu denken, wenn der Arbeitgeber trotz nachgewiesener Infektionen in der Belegschaft keinerlei Schutzmaßnahmen ergreift, obwohl das Gesundheitsamt und/oder der Betriebsrat dazu aufgefordert haben. Das Risiko dafür, dass die Arbeitsleistung unberechtigt verweigert wird und er unentschuldigt fehlt, trägt aber der Arbeitnehmer, so dass es eher unwahrscheinlich (und auch nicht ratsam) ist, dass Arbeitnehmer allein aus Sorge vor einer Ansteckung der Arbeit fernbleiben. Sie müssten immerhin mit einer Kürzung des Gehalts und ggf. auch mit einer (fristlosen) Kündigung rechnen.

Zur Eindämmung des Ansteckungsrisikos und Entlastung der Arztpraxen haben sich die Kassenärztliche Vereinigung (KBV) und der GKV-Spitzenverband am 09.03.2020 auf eine Lockerung der Vorgaben zur ärztlichen Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeiten geeinigt. Danach dürfen Ärzte aktuell Patienten mit leichten Erkrankungen der oberen Atemwege nach einer nur telefonischen Anamnese für bis zu 7 Tage krankschreiben und die Bescheinigung dem Patienten per Post zuschicken. Voraussetzung ist, dass kein Verdacht für eine Infektion mit Covid-19 besteht, der Patient also in den letzten 14 Tagen keinen Kontakt zu einer Person hatte, bei der Covid-19 nachgewiesen wurde und sich auch nicht in einem Gebiet mit Covid-19-Fällen aufgehalten hat. Die Ausnahme von der bislang noch geltenden Regel, dass für die Bescheinigung einer Arbeitsunfähigkeit eine persönliche Untersuchung durch den Arzt stattfinden muss, gilt zunächst für vier Wochen und kann bei Bedarf verlängert werden.

Betriebsschließung durch das Gesundheitsamt

Über § 28 IfSG kommt die Schließung ganzer Betriebe durch die Behörde in Betracht, wenn im gesamten Betrieb oder in Betriebsteilen ein konkretes Infektionsrisiko besteht. Das Entgelt an die Arbeitnehmer, die daraufhin nicht arbeiten können, muss der Arbeitgeber nach der Betriebsrisikolehre erst einmal weiterzahlen, auch wenn man je nach Betrieb darüber streiten können wird, ob die Schließung des Betriebs auf einem in der Eigenart des Betriebs angelegten Risiko beruht. Das wäre nämlich, neben der Beherrschbarkeit des Risikos, Voraussetzung für die Anwendung dieses Grundsatzes. In jedem Fall kommen bei einer behördlich angeordneten Schließung wiederum die Entschädigungsansprüche nach § 56 IfSG in Betracht, so dass der Arbeitgeber sich zumindest einen Teil der finanziellen Belastungen erstatten lassen kann.

Im Extremfall kann auch geprüft werden, ob die Voraussetzungen für Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld erfüllt sind. Die Bundesagentur für Arbeit hat nach einem Anstieg der Infektionen und nach Bekanntwerden erster wirtschaftlicher Folgen kurzfristig bekannt gegeben, dass Auswirkungen der globalen Covid-19 Pandemie als „unabwendbares Ereignis“ i.S.d. § 96 SGB III angesehen werden können, so dass die Beantragung und Bewilligung von Kurzarbeitergeld in Betracht kommen. In der Pressemitteilung der Bundesagentur für Arbeit vom 20.02.2020 heißt es dazu:

„Wenn Unternehmen aufgrund der weltweiten Krankheitsfälle durch das Corona-Virus Kurzarbeit anordnen und es dadurch zu Entgeltausfällen kommt, können betroffene Beschäftigte Kurzarbeitergeld erhalten. Diese Leistung muss vom Arbeitgeber beantragt werden.
Voraussetzung für den Bezug von Kurzarbeitergeld ist, dass die üblichen Arbeitszeiten vorübergehend wesentlich verringert sind.
Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn aufgrund des Corona-Virus Lieferungen ausbleiben und dadurch die Arbeitszeit verringert werden muss oder staatliche Schutzmaßnahmen dafür sorgen, dass der Betrieb vorrübergehend geschlossen wird.“

Wie auch sonst gilt für die Kurzarbeit, dass es separate Vereinbarungen entweder zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber oder zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber braucht, damit Kurzarbeit durchgeführt werden kann. Die einseitige Anordnung von Kurzarbeit kommt auch bei einer Pandemie nicht in Betracht.

Gebote der Fürsorgepflicht

Es ist ebenfalls ein allgemeiner und immer geltender Grundsatz, dass der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen hat, dass seine Mitarbeiter vor Gesundheitsgefahren geschützt werden. Bei der aktuellen Pandemielage konkretisiert sich diese Pflicht so, dass Arbeitgeber die Beschäftigten für die allgemein geltenden Hygienemaßnahmen sensibilisieren (insbesondere: regelmäßiges, gründliches Händewaschen; Abstand halten zu anderen Menschen; „Husten- und Niesetikette“) und diese im betrieblichen Umfeld umsetzen sollten (Erhöhung der Reinigungsfrequenz bei Türklinken, in Küchen und Meetingräumen; Bereitstellen von Desinfektionsmitteln).

Einen Bezug zur Fürsorgepflicht hat auch der erste bekannt gewordene Fall an einem Arbeitsgericht zu Covid-19: Arbeitgeber und Betriebsrat stritten sich am Arbeitsgericht Berlin (Az. 55 BVGa 2341/20) über die Frage, ob der Arbeitgeber das Tragen von Mundschutz und Handschuhen verbieten dürfe. Angesichts der aktuellen Situation wird ein solches Verbot weder sinnvoll noch angemessen sein. Der Rechtsstreit wurde entsprechend für erledigt erklärt, nach dem der Arbeitgeber einlenkte und die Nutzung der Schutzausrüstung erlaubte.

Gesteigerte Fürsorgepflichten greifen in dem Moment, in dem für einen Mitarbeiter des Betriebs eine Infektion mit Covid-19 bestätigt wurde. Der Arbeitgeber ist dann gut beraten, mögliche Kontaktpersonen zu identifizieren und mit diesen Kontakt aufzunehmen, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern. Sollte er keine Schutzmaßnahmen für die übrigen Beschäftigten ergreifen können oder wollen, können diese im Extremfall das Recht haben, der Arbeit fern zu bleiben. Denn dann sind die oben bereits erwähnten Gesundheitsgefahren greifbar, die den Mitarbeiter im Ausnahmefall berechtigen können, die Arbeitsleistung zu verweigern.

Auch wenn sonst keine Pflicht besteht, den Grund einer Arbeitsunfähigkeit mitzuteilen: Bei einer hochansteckenden Erkrankung, die schon im Verdachtsfall zu einer behördlichen Meldepflicht führt, trifft auch den Arbeitnehmer eine Fürsorgepflicht: Er hat seinen Arbeitgeber über einen Verdacht oder gar eine bestätigte Infektion mit Covid-19 zu unterrichten. Da die Erkrankung ohnehin dem Gesundheitsamt gemeldet werden muss, wird der Arbeitgeber aber im Regelfall auch über dieses von der Infektion erfahren.

Guthaben aus Arbeitszeitkonten nutzen

Falls entsprechende Arbeitszeitguthaben vorhanden sind, können diese genutzt werden, um Mitarbeiter, die aufgrund Ansteckungsgefahr nicht arbeiten sollen, vorübergehend kostenneutral nach Hause zu schicken. Wurde nichts anderes im Arbeitsvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder im Tarifvertrag vereinbart, kann der Arbeitgeber einseitig entscheiden, zum Abbau des Guthabens Freizeitausgleich anzuordnen. Die aktuelle Situation bietet sich daher an, um aufgebaute Guthaben sinnvoll einzubringen.

Reisen in Risikogebiete

Jedenfalls von Dienstreisen in die Gebiete/Länder, für die das Auswärtige Amt eine offizielle Reisewarnung ausgesprochen hat (Stand 09.03.2020: Region Hubei in China) sollte vor dem Hintergrund der Fürsorgepflichten des Arbeitgebers abgesehen werden. Es müssten schon sehr triftige Gründe vorliegen, damit der Arbeitgeber Mitarbeiter wirksam anweisen kann, in dieses Gebiet zu reisen. Ohne triftigen Grund dürfte aber auch die Anordnung von Dienstreisen in Gebiete, für die das Auswärtige Amt von Reisen abrät (Italien, Südkorea, Iran, Japan), nicht billigem Ermessen entsprechen. Vorrangig wäre in jedem Fall zu prüfen, ob die Reise durch Videokonferenzen ersetzt werden oder terminlich verschoben werden kann.

Häufig werden wir im Moment danach gefragt, ob der Arbeitgeber Möglichkeiten hat, private Reisen seiner Mitarbeiter in Risikogebiete zu unterbinden oder ob zumindest die Möglichkeit besteht, die Mitarbeiter nach der Rückkehr aus dem Betrieb fern zu halten. Ersteres ist klar zu verneinen: Es ist ausgeschlossen, dass sich der Arbeitgeber soweit in das Privatleben seiner Mitarbeiter einmischt, dass er private Reisen untersagt. In ihrer Freizeit dürfen Arbeitnehmer reisen, wohin sie möchten. Sie können aber verpflichtet werden (z.B. durch eine Rundmail mit entsprechender Aufforderung zur Meldung), es dem Arbeitgeber mitzuteilen, wenn sie aus einem der Risikogebiete zurückkehren. Fürchten Arbeitgeber unliebsame Reisemitbringsel in Form einer Infektion, kommen folgende Maßnahmen in Betracht:

  • Es kann natürlich überlegt werden, den Rückkehrer freizustellen und nach Hause zu schicken. Klar ist dann aber auch: Der Lohn ist fortzuzahlen, wenn der Arbeitnehmer bereit wäre, zu arbeiten. Im Zweifel muss abgewogen werden, ob eine bezahlte Freistellung dem Risiko vorzuziehen ist, dass sich Beschäftigte anstecken.
  • Auf Home Office für die Dauer der Inkubationszeit (2 Wochen) kann man sich verständigen, weder der Arbeitgeber noch der Arbeitnehmer können es aber verlangen (s.o.).
  • Ebenso möglich, aber nicht einseitig durchsetzbar ist die Gewährung von Urlaub aus Sorge vor einer eigenen Ansteckung oder der Ansteckung weiterer Mitarbeiter. Äußert der Arbeitnehmer andere Urlaubswünsche, muss diesen im Bereich des betrieblich Möglichen Rechnung getragen werden. Allein die Sorge vor einer möglichen Infektion berechtigt den Arbeitgeber nicht zur einseitigen nordnung von Urlaub gegen den Willen des Mitarbeiters.
  • Sodann kommt noch der oben schon erwähnte Abbau von Guthaben aus Arbeitszeitkonten in Betracht. Gibt es keine entgegenstehende vertragliche oder tarifliche Regelung und auch keine Betriebsvereinbarung, die etwas anderes regelt, kann der Abbau einseitig vom Arbeitgeber angeordnet werden.

Kinderbetreuung

Viele Arbeitnehmer kommen in die Bredouille, wenn nur die Schule, der Kindergarten, die Kindertagesstätte etc. von einer Schließung betroffen ist, sie selbst aber regulär arbeiten müssen. Ohne erkranktes Kind besteht kein Anspruch auf Nutzung der „Kind-Kranktage“, für die die Krankenkasse Krankengeld nach § 45 SGB V zahlt. Ob zumindest tageweise Ausfälle über § 616 BGB kompensiert werden können, hängt davon ab, ob die Vorschrift im Arbeitsvertrag abbedungen wurde. Falls nicht, kann der Entgeltanspruch für wenige Tage erhalten bleiben. Ansonsten bleibt Arbeitnehmern nur, entweder eine Absprache mit dem Arbeitgeber über die Gewährung von (ggf. unbezahltem) Urlaub, Home Office, das Nutzen von Arbeitszeitguthaben oder auch das Herbeiführen eines Negativsaldos auf dem Arbeitszeitkonto zu treffen, wenn sie nicht unentschuldigt fehlen und sich hierdurch dem Risiko arbeitsrechtlicher Maßnahmen aussetzen möchten.


Inga Leopold, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht


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