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Das Bundesarbeitsgericht – Kein Anspruch der Arbeitnehmer auf die Verzugspauschale

04. Januar 2019

Das BAG hat am 25. September 2018 (Az. 8 AZR 26/18) entschieden, dass Arbeitnehmer gegen zahlungssäumige Arbeitgeber keinen Anspruch auf Zahlung der Verzugspauschale gemäß § 288 Abs. 5 S. 1 BGB haben. Nun wurden die Urteilsgründe veröffentlicht. Dies nehmen wir zum Anlass, die Entscheidung näher zu beleuchten.   

Dem Urteil lag ein Rechtsstreit zugrunde, in dem ein Arbeitnehmer die Zahlung einer Besitzstandszulage und daneben einen Anspruch auf Zahlung der Verzugspauschale für insgesamt mehrere Fälligkeitstermine geltend machte. Seinen Anspruch begründete der Kläger damit, dass § 288 Abs. 5 BGB auch im Arbeitsrecht anwendbar sei. Die Vorinstanzen gaben dem Kläger Recht. Mit der Revision wehrte sich die Arbeitgeberin gegen diese Entscheidung und wandte ein, dass der Anspruch auf die Pauschale aufgrund der Regelung des § 12a ArbGG ausgeschlossen sei.


Einführung der Verzugspauschale 2014

 

Die Verzugspauschale, die vorsieht, dass der Gläubiger einer Entgeltforderung von seinem Schuldner eine pauschale Zahlung in Höhe von 40,- EUR verlangen kann, wurde 2014 im Zuge der Umsetzung der EU-Zahlungsverzugsrichtlinie vom 16.02.2011 eingeführt. Die Richtlinie sah zwar nur eine Geltung im Geschäftsverkehr, d.h. nur für Geschäftsvorgänge zwischen Unternehmen oder zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen, vor. Der deutsche Gesetzgeber weitete aber bei der Umsetzung der Richtlinie den Anspruch auf die Verzugspauschale auch auf die Fälle aus, in denen der Schuldner kein Verbraucher ist. Damit wird vom Wortlaut der Regelung auch die Konstellation erfasst, in der der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber in Anspruch nimmt.   


Bisherige Rechtsprechung zu Verzugspauschale

 

Die überwiegende Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte bejahte die Anwendung des § 288 Abs. 5 BGB im Arbeitsrecht, nur die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln (Urteil v. 04.10.2017, Az. 5 Sa 229/17) lehnte die Anwendung ab. Zur Begründung der Anwendbarkeit wurde ausgeführt, dass kein Wille des Gesetzgebers erkennbar sei, die Geltung der Verzugspauschale im Arbeitsrecht auszuschließen. Ein Ausschluss sei auch systemwidrig, da die Verzugspauschale eine Nähe zu den Verzugszinsen aufweise, auf die auch im Arbeitsrecht ein Anspruch besteht. § 12a ArbGG stehe dem Anspruch auf die Verzugspauschale nicht entgegen. Diese Vorschrift könne insbesondere nicht analog angewendet werden, weil es an einer planwidrigen Regelungslücke fehle. Der Sinn und Zweck der Verzugspauschale stünde der Anwendbarkeit ebenfalls nicht entgegen, weil sie eine Art Strafschadensersatz darstellen und zur Disziplinierung des säumigen Schuldners beitragen solle.

Die Gegenmeinung argumentierte, dass bei der Umsetzung der Zahlungsverzugsrichtlinie über den vorgesehenen Geltungskreis hinaus die Besonderheiten des deutschen Arbeitsrechts und damit auch der § 12a ArbGG hinreichende Berücksichtigung finden müssten. § 12a ArbGG stelle in diesen Fällen eine speziellere Regelung dar und schließe daher die Anwendung des § 288 Abs. 5 BGB aus. Nach Art. 6 Abs. 2 der Zahlungsverzugsrichtlinie werde die Verzugspauschale als Entschädigung des Gläubigers für die Beitreibungskosten beschrieben, deren Ersatz im deutschen Arbeitsrecht wegen § 12a ArbGG gerade nicht stattfinden soll.


Entscheidung des BAG

In der nun veröffentlichten Entscheidung hat sich das Bundesarbeitsgericht der ablehnenden Auffassung angeschlossen. Danach steht Arbeitnehmern, die gegenüber ihrem Arbeitgeber offene Entgeltansprüche geltend machen, keine Verzugspauschale zu.

Das BAG verwies auf seineständige Rechtsprechung, wonach § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG auch den materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch ausschließe. Die Norm gelte auch in Bezug auf § 288 Abs. 5 BGB und stelle eine spezielle arbeitsrechtliche Vorschrift dar. Dem Gesetzgeber sei auch die Regelung des § 12a ArbGG und die ständige Rechtsprechung des BAG bezüglich des Kostenerstattungsanspruchs bewusst gewesen. Es sei daher davon auszugehen, dass der Gesetzgeber, hätte er dem Arbeitnehmer den Anspruch auf die Pauschale zusprechen wollen, dies ausdrücklich geregelt hätte.

Die Verzugspauschale sei zudem kein Strafschadensersatz. Vielmehr beinhalte sie sowohl eine Kompensations- als auch eine Präventionskomponente, von denen jedoch keine im Vordergrund steht.

Dem Ausschluss des Anspruchs auf die Pauschale könne auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG den Anspruch auf Verzugszinsen nach § 288 Abs. 1 BGB nicht ausschließt. Beide Ansprüche seien keineswegs untrennbar miteinander verbunden. Vielmehr ergebe sich bereits aus der Richtlinie 2011/7/EU, dass beide Ansprüche kumuliert geltend gemacht werden können und daher unabhängig voneinander bestehen.

In dem Ausschluss der Pauschale im Arbeitsrecht liege auch kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Die Arbeitnehmer seien gegenüber anderen Verbrauchern nicht ohne sachlichen Grund benachteiligt, weil ihnen, im Gegensatz zu anderen Verbrauchern, die Möglichkeit der effektiven und vergleichsweise kostengünstigeren Durchsetzung der Ansprüche vor Arbeitsgerichten zur Verfügung steht.        


Stellungnahme

Die Entscheidung ist zu begrüßen und nachvollziehbar. Für die Ablehnung der Verzugspauschale im Arbeitsrecht sprechen die vom BAG in den Entscheidungsgründen betonte Spezialität des § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG sowie der Ursprung der Pauschale im Europarecht.

Die Entscheidung ist von großer praktischer Relevanz, weil die Verzugspauschale dem Arbeitnehmer für jede einzelne versäumte Zahlung zustünde. Somit haben Arbeitnehmer in der Vergangenheit die 40,- EUR je nach Zusammensetzung der offenen Zahlungen auch mehrfach je Zahlungszeitraum geltend gemacht.

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts bringt erfreuliche Klarheit. Es bleibt also beim Streit um Entgeltansprüche im Arbeitsverhältnis dabei, dass zur eigentlichen Forderung nur noch Zinsen, nicht aber zusätzliche Beträge für die Verzugspauschale hinzukommen können.

 

 

RA Radoslaw Kleczar

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