Am 18. Oktober 2024 stimmte der Bundesrat dem vierten Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) zu. Es soll Arbeitsabläufe vereinfachen und die Bürokratie verringern. In dem Sinne möchte der Gesetzgeber der Digitalisierung auch im Arbeitsrecht mehr Raum geben; dazu werden ab dem 1. Januar 2025 an mehreren Stellen die Formvorschriften geändert:
Zum besseren Verständnis stellen wir zunächst noch einmal die verschiedenen Formerfordernisse vor, die das BGB regelt:
Der Gesetzgeber wird das Schriftformerfordernis an verschiedenen Stellen aufgeben und stattdessen die Möglichkeit der qualifizierten elektronischen Signatur zulassen. Das soll die Arbeitsabläufe beschleunigen und vereinfachen:
Nach § 2 Abs. 1 S. 1 NachwG gilt noch für Neuverträge und Vertragsänderungen bis zum 31. Dezember 2024, dass die wesentlichen Vertragsbedingungen in Schriftform festgehalten werden müssen.
Ab dem 1. Januar 2025 ist es zulässig, einem Arbeitnehmer die wesentlichen Vertragsbedingungen in Textform zukommen zu lassen. Dadurch wird es möglich, die nachzuweisenden Arbeitsbedingungen– sowohl bei der Einstellung als auch späteren Vertragsänderungen – an die Arbeitnehmer zu senden. Es genügt also insbesondere eine E-Mail. Dabei sind allerdings einige Voraussetzungen zu beachten:
Beachten Sie bitte: Arbeitnehmer dürfen künftig eine schriftliche Fassung der Nachweise verlangen. In dem Fall sind Arbeitgeber weiter verpflichtet, dem Arbeitnehmer die Nachweise schriftlich zukommen zu lassen.
An den Bußgeldvorschriften wird sich nichts ändern. Wenn Nachweise nicht, nicht vollständig oder in der falschen Form erteilt werden, droht ein Bußgeld von bis zu 2.000 € im Einzelfall. Es ist übrigens auch dann zu entrichten, wenn der Arbeitgeber den ordnungsgemäßen Nachweis nicht beweisen kann.
Nach § 14 Abs. 4 TzBfG unterliegen Befristungsabreden dem Schriftformerfordernis. Ist eine Befristungsabrede nicht oder nicht rechtzeitig von beiden Seiten unterzeichnet worden, ist die Befristungsvereinbarung unwirksam.
Das gilt nicht nur für die üblichen Befristungen mit oder ohne Sachgrund, sondern – jedenfalls bis Ende 2024 – auch für Vereinbarungen, nach denen ein Arbeitsvertrag mit dem Erreichen des Rentenalters endet. Denn auch bei diesen Absprachen handelt es sich nach der Rechtsprechung um eine (Alters-) Befristung. Nicht selten dürften Altersbefristungen mangels Schriftform bislang unwirksam gewesen sein.
Ab 1. Januar 2025 genügt nach § 41 Abs. 2 SGB VI für die Vereinbarung einer Regelaltersbefristung die Textform. Daher können Arbeitsverträge deutlich leichter per E-Mail geschlossen werden. Sie gelten dann trotzdem als auf das Erreichen des Regelrentenalters geschlossen. Für ein früheres Befristungsende braucht es allerdings – wie bisher – u.a. ein von beiden Seiten im Original unterschriebenes Dokument.
Auch im Rahmen des BEEG gibt es künftig Formerleichterungen. So kann ein Antrag auf Elternzeit gestellt und auch die Ablehnung einer Teilzeit während der Elternzeit künftig in Textform – also insbesondere per E-Mail – mitgeteilt werden. Bei der Ablehnung ist allerdings – wie schon bisher – daran zu denken, dass der Arbeitgeber seine Entscheidung rechtzeitig mitteilt und begründet. Die Beweislast für den (rechtzeitigen) Zugang trägt der Arbeitgeber.
Entscheidendes Datum für diese Änderungen ist der 1. Mai 2025. Denn die erleichterte Form gilt nur für Kinder, die ab dem 1. Mai 2025 geboren werden. Es sind verschiedene Fallkonstellationen zu unterscheiden:
Im Rahmen des Mutterschutzgesetzes entfällt die Pflicht zu einer anlassunabhängigen Gefährdungsbeurteilung im Mutterschutz nach § 10 MuSchG. Dies gilt jedenfalls dann, wenn eine vom Ausschuss für Mutterschutz veröffentlichte Regel oder Erkenntnis festlegt, dass eine schwangere oder stillende Frau eine bestimmte Tätigkeit nicht ausüben oder einer Arbeitsbedingung nicht ausgesetzt sein darf.
Der Arbeitgeber prüft also ab 1. Januar 2025, ob bereits eine veröffentliche Regel oder Erkenntnis vorliegt, dass eine schwangere Arbeitnehmerin eine bestimmte Tätigkeit nicht mehr ausüben darf. Ist dies der Fall, ermöglicht der neue § 10 MuSchG dem Arbeitgeber, von einer gesonderten Gefährdungsbeurteilung abzusehen. Er ist lediglich verpflichtet, dies im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG zu dokumentieren.
Dass Arbeitnehmern bei Vertragsende ein Zeugnis zu erteilen ist, ist keine Neuigkeit. Bislang war die Zeugniserteilung allerdings nur schriftlich möglich. Es bedurfte immer eines Originals mit Unterschrift, selbst wenn Bewerbungsunterlagen heutzutage in aller Regel digital eingereicht werden.
Ab dem 1. Januar 2025 können Zeugnisse auch in elektronischer Form, d.h. mit qualifizierter elektronischer Signatur, erteilt werden, wenn der Arbeitnehmer das verlangt. Arbeitgeber können dazu vor dem Zeugnisversand fragen, ob der Arbeitnehmer mit einer elektronischen Fassung einverstanden ist; sie können sich aber bei der Einstellung auch schon im Arbeitsvertrag die Zustimmung des Mitarbeiters zu einem Zeugnis in elektronischer Form erteilen lassen.
Zu beachten ist allerdings, dass Zeugnisse bekanntlich „bei“ Vertragsende zu erteilen sind und deshalb grundsätzlich auf den letzten Tag des Arbeitsverhältnisses lauten müssen (jedenfalls, wenn das Arbeitszeugnis rechtzeitig angefordert wurde). Dies wird gefordert, um keine versteckten Botschaften in das Zeugnis aufzunehmen; kein neuer Arbeitgeber sollte sich wundern, weshalb die Zeugniserteilung so spät nach dem Vertragsende erfolgte. Da bei der elektronischen Signatur ein Zertifikat erstellt wird, aus dem sich das Ausstellungsdatum ergibt, sollte im Normalfall nicht viel Zeit zwischen dem Vertragsende und der Signierung liegen. Andernfalls bleibt abzuwarten, ob die elektronische Form durch die Gerichte als versteckter Hinweis behandelt wird.
Nach § 16 ArbZG sind Arbeitgeber bis Ende 2024 noch verpflichtet, einen Abdruck des Arbeitszeitgesetzes sowie der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen, für den Betrieb geltenden Rechtsverordnungen und der für den Betrieb geltenden Tarifverträge und Betriebs- oder Dienstvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb zur Einsichtnahme auszulegen oder auszuhängen. Das galt also insbesondere für alle Regelungswerke, die sich mit der Arbeitszeit in dem Betrieb, der Dienststelle oder Einrichtung befassen.
Diese mit Bußgeld bewehrte Pflicht wird nun digitaler: Ab dem 1. Mai 2025 genügt es, wenn diese Dokumente für alle Arbeitnehmer eines Betriebs bzw. einer Dienststelle oder Einrichtung auf den üblichen Informations- und Kommunikationswegen – im Zweifel also im Intranet – zur Verfügung stehen.
Beachten Sie bitte, dass diese Verpflichtung auch im Bereich des Jugendarbeitsschutzes gilt. Zu den Angaben im Intranet gehören also auch eine Kopie des Jugendarbeitsschutzgesetzes, die Bekanntgabe der Aufsichtsbehörde sowie Informationen zur Arbeitszeit und Pausen für Jugendliche.
Auch Anträge auf Pflegezeit und Familienpflegezeit können ab dem 1. Januar 2025 in Textform, d.h. per Mail, gestellt werden.
Die Vereinbarung einer Teilzeitbeschäftigung während der Pflegezeit bzw. Familienpflegezeit bedarf indes auch künftig der Schriftform.
Auch wenn der Gesetzgeber einige Regelungen geändert hat, bleiben viele andere Formerfordernisse gleich:
Kündigungen (gleich ob durch den Arbeitgeber oder Arbeitnehmer) und der Abschluss von Aufhebungsverträgen bedarf auch in Zukunft der Schriftform und muss von beiden Seiten im Original unterzeichnet sein.
Das Schriftformgebot für die Befristung eines Arbeitsvertrages wie auch dessen befristete Verlängerung bleibt erhalten; nur die Befristung auf das Rentenalter ist künftig auch per E-Mail möglich.
Im Falle eines Betriebsübergangs haben Arbeitnehmer nach Maßgabe von §§ 613a Abs. 6 BGB die Möglichkeit, dem Arbeitgeberwechsel zu widersprechen. Der Widerspruch bedarf der Schriftform.
Sieht ein Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag verbindlich vor, dass ein Arbeitsvertrag, eine Nebenabrede oder die Vertragsänderung der Schriftform bedarf, wird dieses Formerfordernis durch das 4. Bürokratieentlastungsgesetz nicht verändert.
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht Sebastian Witt und Rechtsanwältin Charlotte Zimmermann
Kurt-Schumacher-Str. 22
53113 Bonn
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