Sie wird aktuell sowohl bei Praktikern in Personalabteilungen als auch den arbeitsrechtlichen Beratern heiß diskutiert: Die „Brückenteilzeit“, die zum 01.01.2019 in das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) eingeführt wurde. Auf der Grundlage der neuen Vorschrift § 9a TzBfG können Arbeitnehmer verlangen, für einen vorübergehenden Zeitraum ihre Arbeitszeit zu reduzieren. Im Anschluss gilt dann wieder die ursprüngliche Arbeitszeit.
Darüber, ob mit den durch den Gesetzgeber vorgenommenen Änderungen das angestrebte Ziel, einen Ausweg aus der „Teilzeit-Falle“ zu bieten, erreicht werden wird, kann man durchaus geteilter Meinung sein. Fakt ist: Der Geltungsbereich der Brückenteilzeit ist recht eng gefasst worden, um kleinere und mittlere Unternehmen vor Überforderung zu schützen. Gleichzeitig sind die Regelungen für den Laien schwer verständlich, so dass abzuwarten sein wird, ob und wie das neue Teilzeitrecht von den Mitarbeitern angenommen werden wird.
Wir beantworten bereits heute die Fragen, die für Unternehmen und Personalabteilungen im Kontext zur Brückenteilzeit relevant sein werden und informieren über die weiteren Änderungen, die seit dem Jahresbeginn im Teilzeitrecht gelten:
Nein, wenn Sie maximal 45 Arbeitnehmer beschäftigen. Der Anspruch auf Brückenteilzeit besteht nur in Unternehmen, die regelmäßig mindestens 46 Arbeitnehmer beschäftigen. Gezählt wird „nach Köpfen“ und ohne Auszubildende.
Lesen Sie dann aber noch unten („Was ist sonst noch neu im TzBfG“) nach, ob die weiteren Änderungen des TzBfG für Sie relevant sind.
Beschäftigt Ihr Unternehmen zwischen 46 und 200 Arbeitnehmer, kann der Anspruch auf Brückenteilzeit ohne weitere Begründung abgelehnt werden, wenn bereits eine bestimmte Quote an Arbeitnehmern die Arbeitszeit nach der neuen Vorschrift reduziert hat.
Beispiel:
In einem Unternehmen mit 100 Arbeitnehmern sieht das Gesetz die Beschäftigung von 7 Brückenteilzeitlern als zumutbar an. Der Antrag des achten Mitarbeiters kann ohne Begründung abgelehnt werden.
Das Gesetz gibt hierfür keine Regeln vor. Nach der Gesetzesbegründung soll dann aber nach billigem Ermessen entschieden werden, welchem Mitarbeiter vorübergehend Teilzeit gewährt wird und wessen Antrag abgelehnt wird. Das bedeutet, dass Mitarbeiter, die ihre Arbeitszeit zur Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen reduzieren, Vorrang haben müssen vor denjenigen, die durch die Teilzeit mehr Zeit für ihr Hobby haben möchten.
Jeder Arbeitnehmer, der mindestens seit sechs Monaten im Unternehmen beschäftigt ist. Auch Mitarbeiter, die bereits in Teilzeit arbeiten, können ihre Arbeitszeit weiter vorübergehend reduzieren.
Kern der neuen Regelung ist die nur vorübergehende Absenkung der Arbeitszeit: Der Mitarbeiter kann seine Arbeitszeit beispielsweise für die Dauer von 2 Jahren von einer Vollzeittätigkeit auf 30 Stunden/Woche reduzieren. Nach Ablauf der Zeit kehrt der Mitarbeiter wieder zu seiner ursprünglichen Arbeitszeit, im Beispiel also zur Vollzeit, zurück.
Etwas Planungssicherheit für Unternehmen ist damit verbunden, dass während der Dauer einer Brückenteilzeit der Mitarbeiter keine weitere Veränderung seiner Arbeitszeit nach dem TzBfG verlangen kann. Sowohl die unbefristete (§ 8 TzBfG) wie auch die befristete Verringerung (§ 9a TzBfG) als auch das Verlangen nach einer höheren Arbeitszeit (§ 9 TzBfG) sind ausgeschlossen. Nach einer Brückenteilzeit gilt die ursprüngliche Arbeitszeit mindestens für ein Jahr weiter. Erst dann kann der Mitarbeiter erneut eine Verringerung oder Erhöhung der Arbeitszeit nach dem TzBfG geltend machen.
Der Antrag muss in Textform, also z.B. per E-Mail oder Fax, gestellt werden. Das gilt im Übrigen nun auch für den Antrag auf unbefristete Teilzeit. Anders als früher reicht eine mündliche Formulierung des Antrags nicht mehr aus.
Der Antrag muss konkrete Angaben dazu enthalten,
die Arbeitszeit reduziert werden soll. Eine Angabe dazu, auf welche Wochentage die Arbeitszeit verteilt werden soll, ist freiwillig.
Ja, das ist grundsätzlich möglich. Die Brückenteilzeit wird selbstständig neben dem bereits bestehenden allgemeinen unbefristeten Teilzeitanspruch und den Teilzeitansprüchen während der Elternzeit, Pflege- und Familienpflegezeit stehen. Die Brückenteilzeit kann zum Beispiel auch dafür genutzt werden, weiteren Betreuungsbedarf nach der Elternzeit abzufedern.
Da die Teilzeitansprüche nach den verschiedenen Gesetzen jeweils unterschiedliche Voraussetzungen und Rechtsfolgen haben, sollten Mitarbeiter in ihrem Antrag präzisieren, auf welches Gesetz sie sich berufen. Fragen Sie im Zweifelsfall nach!
Wichtig: Wie auch der „normale“ Teilzeitantrag muss der Antrag auf Brückenteilzeit spätestens einen Monat vor dem beabsichtigten Beginn schriftlich (E-Mail oder Fax genügt nicht!) abgelehnt werden. Verpassen Sie diese Frist, gilt der Antrag des Mitarbeiters als genehmigt.
Die Ablehnung kann der Mitarbeiter gerichtlich überprüfen lassen. Damit diese vor Gericht hält, müssen Sie konkrete betriebliche Gründe benennen können, die
entgegenstehen.
Die Gerichte prüfen das Vorliegen betrieblicher Gründe so (ähnlich streng), wie die Gründe, die dem „normalen“ Teilzeitantrag entgegengehalten werden können.
Musste bislang für den Anspruch auf bevorzugte Berücksichtigung von Teilzeitmitarbeitern mit dem Wunsch nach Erhöhung ihrer Arbeitszeit nach § 9 TzBfG (z.B. Rückkehr zur Vollzeit) der Arbeitnehmer das Vorliegen eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes beweisen, trägt nun der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass kein geeigneter Arbeitsplatz frei ist, der Mitarbeiter nicht ebenso geeignet ist wie andere Bewerber und/oder Arbeitszeitwünsche anderer Arbeitnehmer entgegenstehen.
Erhöhte Vorsicht gilt seit dem 01.01.2019 bei Arbeitsverträgen, in denen kein konkreter Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit vereinbart wurde, häufig bei Minijobbern oder Aushilfen. Nach einer Änderung des § 12 TzBfG gilt hier: Immer dann, wenn im Arbeitsvertrag keine konkrete (Mindest-) Arbeitszeit vereinbart wurde, gelten künftig 20 Stunden statt wie bisher 10 Wochenarbeitsstunden als vereinbart. Der Mitarbeiter kann dann also dauerhaft verlangen, jede Woche mindestens 20 Stunden eingesetzt und bezahlt zu werden. Der angehobene Mindeststundenumfang führt auch dazu, dass das Arbeitsverhältnis in jedem Fall sozialversicherungspflichtig wird. Dringende Empfehlung deshalb: Insbesondere die Verträge von Aushilfen sollten daraufhin überprüft und ggf. überarbeitet werden, ob sie eine Angabe zur wöchentlichen Arbeitszeit enthalten.
Weitere Fragen? Sie können sich gerne an die Autorin des Beitrags und natürlich auch an alle anderen Ansprechpartner im Arbeitsrecht wenden:
Inga Leopold, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht
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