Der Gesetzgeber hätte bis zum 17.12.2021 die EU-Whistleblower-Richtlinie umsetzen müssen. Die Richtlinie bezweckt den Schutz natürlicher Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit oder im Vorfeld einer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben und diese melden oder offenlegen (sog. hinweisgebende Personen).
Mittlerweile liegt ein Gesetzesentwurf der Bundesregierung für die Umsetzung der Richtlinie vor, der Ende September im Rahmen der 1. Lesung im Bundestag beraten und im Nachgang an den federführenden Rechtsausschuss überwiesen wurde. Auch wenn das Gesetz also noch nicht final verabschiedet wurde, ist damit zu rechnen, dass für die meisten Unternehmen und Organisationen kurz- bzw. mittelfristig Handlungsbedarf entstehen wird.
Dem Entwurf zufolge wird für „Beschäftigungsgeber“ mit mindestens 50 Mitarbeitenden Handlungsbedarf bestehen. Sie sollen ab dem 17.12.2023 dazu verpflichtet werden eine interne Meldestelle einrichten. Für Beschäftigungsgeber mit mindestens 250 Mitarbeitenden soll dies bereits sofort nach Inkrafttreten des Gesetzes gelten.
Unter den Begriff der „Beschäftigungsgeber“ fallen:
Unabhängig von der Mitarbeiteranzahl müssen Unternehmen aus „störanfälligen“ Bereichen (z. B. Wertpapierdienstleistungsunternehmen oder Kapitalverwaltungsgesellschaften, abschließende Auflistung in § 12 Abs. 3 HinSchG-E) eine interne Meldestelle einrichten.
Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten können die freiwillige Implementierung interner Hinweisgeberstrukturen erwägen, um präventiv reputationsgefährdende externe Meldungen zu vermeiden. Der Schutz für hinweisgebende Personen gilt auch für externe Meldungen, so dass es durchaus sinnvoll sein kann, den Mitarbeitern kleinerer Unternehmen die Möglichkeit zu geben, Rechtsverstöße an eine interne Stelle zu melden.
Wenn das Gesetz im Wesentlichen so in Kraft tritt, wie es der Entwurf aktuell vorsieht, dann müssen die o.g. Unternehmen/Vereinigungen sich rechtzeitig damit auseinandersetzen, in welcher Form sie eine interne Meldestelle einrichten.
Mit den Aufgaben der internen Meldestelle kann ein Mitarbeiter beauftragt werden, solange dieser unabhängig ist, also bei Wahrnehmung seiner sonstigen Aufgaben nicht in einen Interessenskonflikt gerät und die notwendige Fachkunde zur Annahme der Meldungen aufweist. In der Regel wird eine Fortbildung oder der Besuch von Schulungen erforderlich sein und die Wahrnehmung der Aufgaben der Meldestelle bindet natürlich Kapazitäten. Es wird daher gerade in kleineren und mittleren Unternehmen sinnvoll sein, eine externe Ombudsperson mit den Aufgaben der Meldestelle zu betrauen. In Betracht kommen hier externe Berater, Prüfer, Gewerkschaftsvertreter oder Arbeitnehmervertreter.
Versäumen Beschäftigungsgeber die Einrichtung interner Meldekanäle nach den Vorgaben des Hinweisgeberschutzgesetzes, so kann dies mit einem Bußgeld von bis zu 20.000 Euro geahndet werden.
Darüber hinaus sind Verletzungen der Vertraulichkeit der Identität von Hinweisgeber und betroffenen Personen mit Bußgeldern von bis zu 100.000 Euro im Einzelfall behaftet.
Die interne Meldestelle muss Beschäftigten sowie Leiharbeitnehmenden und kann sonstigen natürlichen Personen – wie beispielsweise Lieferanten, Kunden oder deren Mitarbeitenden – zur Verfügung stehen.
Das Hinweisgeberschutzgesetz betrifft Meldungen über die folgenden Gegenstände:
Die Voraussetzungen für den Schutz der hinweisgebenden Person regeln die §§ 33 ff. HinSchG-E.
Danach ist eine hinweisgebende Person geschützt, wenn
Die Meldung oder Offenlegung derartiger Informationen darf keine ungerechtfertigten Repressalien wie Disziplinarmaßnahmen, eine Kündigung oder sonstige Diskriminierungen für die hinweisgebende Person nach sich ziehen. Außerdem wird eine Beweislastumkehr für den Nachweis einer solchen Benachteiligung und ein Schadensersatzanspruch des Hinweisgebers bei einem Verstoß des Arbeitgebers für arbeitsgerichtliche Auseinandersetzungen normiert. Wird gegen einen Hinweisgeber also nach einem Hinweis arbeitsrechtlich vorgegangen, wird zu dessen Gunsten vermutet, dass die arbeitsrechtliche Maßnahme (Kündigung, Abmahnung) wegen seines Hinweises ausgesprochen wurde. Der Arbeitgeber muss dann beweisen, dass zwischen der arbeitsrechtlichen Maßnahme und der Meldung von Missständen kein Zusammenhang besteht.
Ja. Hinweisgebende Personen haben ein freies Wahlrecht, ob sie sich an eine interne Meldestelle oder eine externe Meldestelle der Behörden werden. Hierfür soll eine zentrale externe Meldestelle beim Bundesamt für Justiz (BfJ) eingerichtet werden. Daneben sollen die bestehenden Meldesysteme bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht sowie beim Bundeskartellamt als weitere externe Meldestellen mit Sonderzuständigkeiten weitergeführt werden.
Mit der Verabschiedung des Gesetzes wird im 4. Quartal 2022 gerechnet. Wir werden den Gesetzgebungsprozess weiter im Auge behalten und an dieser Stelle darüber informieren.
Rechtsanwältin Inga Leopold und stud. iur. Maike Usadel
Kurt-Schumacher-Str. 22
53113 Bonn
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